„Unsere wunderbaren Jahre“: ARD zeigt Event-Dreiteiler
Nach dem Roman von Peter Prange

- Walter Böcker (Hans-Jochen Wagner) ist ein Paradebeispiel dafür, wie jemand, der beim Zusammenbruch des Dritten Reiches alles verloren hat, mit Hilfe alter Seilschaften schnell wieder Erfolg hat.
- Foto: WDR/UFA Fiction/Willi Weber
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la Altena. Deutschland. 20. Juni 1948. In Altena, berühmt wegen seiner Burg und der metallverarbeitenden Industrie, bilden sich – wie überall im Land – lange Schlangen vor der örtlichen Bank. An diesem Tag – einem Sonntag – erhielt jeder Bürger, ob arm oder reich, alt oder jung, ob Widerstandskämpfer oder ehemaliger Nazi, mit der Einführung der neuen Währung die Chance auf einen Neuanfang. Wer sich vor der Umtauschstelle einreihte, bekam 40 druckfrische D-Mark in die Hand gedrückt – und konnte selbst entscheiden, was er daraus machte und konnte seine ganz persönliche Zukunft in einem zerstörten Land entwickeln.
Mit Katja Riemann und Anna Maria MüheDoch die 40 D-Mark waren viel mehr als die Entscheidung, wofür man sie ausgibt.
la Altena. Deutschland. 20. Juni 1948. In Altena, berühmt wegen seiner Burg und der metallverarbeitenden Industrie, bilden sich – wie überall im Land – lange Schlangen vor der örtlichen Bank. An diesem Tag – einem Sonntag – erhielt jeder Bürger, ob arm oder reich, alt oder jung, ob Widerstandskämpfer oder ehemaliger Nazi, mit der Einführung der neuen Währung die Chance auf einen Neuanfang. Wer sich vor der Umtauschstelle einreihte, bekam 40 druckfrische D-Mark in die Hand gedrückt – und konnte selbst entscheiden, was er daraus machte und konnte seine ganz persönliche Zukunft in einem zerstörten Land entwickeln.
Mit Katja Riemann und Anna Maria Mühe
Doch die 40 D-Mark waren viel mehr als die Entscheidung, wofür man sie ausgibt. Sie waren der Grundstein für den Wiederaufbau Deutschlands und das daraus resultierende spätere „Wirtschaftswunder“. Peter Prange (aktuell mit „Eine Familie in Deutschland“ in den Buchcharts) schrieb den Roman „Unsere wunderbaren Jahre“ über genau diese Zeit und siedelte ihn in seiner Heimatstadt Altena an. Die Geschichte der Unternehmerfamilie Christel und Eduard Wolf mit den drei Töchtern Ulla, Gundel und Margot verfilmte die ARD zu einem Event-Dreiteiler mit Starbesetzung (u. a. mit Katja Riemann, Thomas Sarbacher, Hans-Jochen Wagner und Elisa Schlott, Vanessa Loibl und Anna Maria Mühe). Gesendet wird die aufwendige Produktion (Regie: Elmar Fischer) ab Mittwoch, 18. März, sowie am 21. und 25. März jeweils um 20.15 Uhr, im Ersten.ARD-Programmchef Herres: "echtes Wunder"
Für Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen, wird das Titel-Klischee mit der Wirklichkeit konfrontiert. Herres:„Die Neuausrichtung und Neuerfindung (West)-Deutschlands nach den Schrecken der Nazi-Diktatur war ein echtes Wunder; das Wunderbare aber entkam den Schrecken nicht, die den Akteuren des Wiederaufbaus im Nacken saßen.“ Für Jörg Schönenborn, Programmdirektor des federführenden WDR in Kooperation mit der ARD Degeto, bietet inszenierte Geschichte die Möglichkeit, Vergangenes mit aktuellem Blick zu sehen, Geschichte neu einzuordnen und zu bewerten. Für Regisseur Elmar Fischer folgt die Erzählung sechs jungen Menschen bei ihrem Weg durch das beginnende Wirtschaftswunder. Alle haben sie den Krieg überlebt und beginnen trotz der Wunden der Vergangenheit ein neues Leben. Sie feiern Erfolge, kämpfen um Anerkennung, scheitern mit ihren Träumen, finden oder verlieren die große Liebe.
SZ sprach mit Hans-Jochen Wagner
Und mitten im mitreißenden Gesellschaftspanorama des Wirtschaftswunder-Deutschlands steht der Geschäftsmann und spätere Arbeitgeber-Präsident Walter Böcker, gespielt von Hans-Jochen Wagner (seit 2017 Kommissar Friedemann Berg im Schwarzwald-„Tatort“). Für ihn ist dieser Böcker ein Paradebeispiel dafür, wie jemand, der beim Zusammenbruch des Dritten Reiches alles verloren hat, mit Hilfe alter Seilschaften recht schnell wieder an alte Erfolge anknüpfen konnte, obwohl er ein Anhänger und Nutznießer der Nationalsozialisten war. „Für mich“, sagt Hans-Jochen Wagner im SZ-Interview, „ist der Walter Böcker ein ‚Selfmademan‘, der sich von unten hochgearbeitet hat und, um Anerkennung zu bekommen, auch im Dritten Reich keine Hemmungen hatte.“ Für den Wahl-Berliner hat Walter Böcker das fast kindliche Verlangen, angesehen zu werden. „Und dafür geht er auch über Leichen. Mit der großbürgerlichen FamilieWolf verbindet ihn quasi eine Hassliebe.“
Peter Prange: alles frei erfunden
Es war eine große Freude für Wagner, der u. a. auf der Bühne des Wiener Burgtheaters, des Maxim Gorki Theaters und des Düsseldorfer Schauspielhauses stand, diese vielschichtige Rolle zu spielen, die für den Autor Peter Prange reine Fiktion war. Der Tübinger Bestseller-Autor, dessen Romane in 24 Sprachen übersetzt wurden und mittlerweile eine internationale Gesamtauflage von mehr als 2,5 Millionen Exemplaren erreicht haben, im SZ-Interview: „Alle Personen und Geschehnisse sind frei erfunden. Obwohl eine fiktive Figur, verkörpert Walter Böcker einen Typus, der zur Entstehungsgeschichte der Bundesrepublik ganz wesentlich gehört. Die Adenauer-Regierung war überzeugt, dass ohne die alten Funktions-Eliten der Wiederaufbau des Landes nicht möglich sei. So gelangten nach dem Zusammenbruch viele Größen der Nazizeit wieder ans Ruder, in Verwaltung und Justiz, Politik und Wirtschaft. Walter Böcker ist im Roman wie im Film ihr Repräsentant.“ Und wie würde er selbst Walter Böcker skizzieren? „Als nicht ganz unsympathisches Arschloch – um es sauerländisch auszudrücken.“
"Altena ist überall"
Gedreht wurde nicht in Altena, sondern die Location-Scouts fanden Motive in Tschechien und u. a. in Solingen, Köln, Gummersbach und Düren. Der Grund: Die Orte spiegelten besser das Flair der 50er-Jahre wider, und, so Produzent Benjamin Benedict (UFA FICTION), es mussten nicht unzählige Verkehrsschilder und Satellitenschüsseln demontiert werden. Für Peter Prange, den viele Bürger noch als Sohn von „Betten Prange“ kennen, eine Enttäuschung? „Natürlich, es hätte mich für meine Heimatstadt riesig gefreut. Doch aus technischen Gründen konnte dort nicht gedreht werden, so dass Altena von einem halben Dutzend Orten gedoubelt werden musste. Das aber heißt im Umkehrschluss: Altena ist überall!“ Und er selbst spielt eine kleine Rolle in dem Dreiteiler. Einen Wutbürger, der sich bei einem Prozess über die vermeintliche Selbstjustiz der Besatzer empört.Und das sogar in Großaufnahme, mit einem ganzen Satz. Also ein bisschen Altena ist immer noch im Film. Dass die Erzählung in Altena angesiedelt ist, ist übrigens nicht nur der Tatsache zu verdanken, dass der Autor von dort stammt. Es gibt einen weiteren historischen Grund. Die Stückelung der D-Mark, wie in Groschen und Fünfzigpfennigstücke, gelangte nämlich erst nach und nach in den Verkehr. Während die Scheine noch in den USA gedruckt wurden, sollte das Hartgeld in Deutschland produziert werden.
Peter Prange: "An Altenas Wesen ..."
In Frankfurt wurde eine staatliche Münze eingerichtet. Private Firmen sollten die Rohlinge liefern, Abermillionen Pfennige, Groschen und D-Mark: Damit ließ sich ein Vermögen verdienen. Bei der Auftragsvergabe fiel die Wahl auf die Vereinigten Deutschen Metallwerke, kurz VDM, in Altena, jener Stadt zwischen Sauerland und Ruhrgebiet, die eine große Tradition in der Metallverarbeitung hatte.
Dass in Altena die Rohlinge der D-Mark produziert wurden, um das aufblühende Wirtschaftswunder mit dem nötigen Kleingeld zu versorgen, erfüllte die ganze Stadt mit Stolz. Peter Prange: „Ich kann mich noch heute daran erinnern, wie es in meiner Kindheit manches Mal in meiner Heimatstadt hieß: An Altenas Wesen soll ganz Deutschland genesen ...“
Autor:Jörg Langendorf aus Siegen |
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