Arztpraxen sollen heute geschlossen bleiben
Aktion des Ärztevereins Siegerland könnte »Flop« werden
sz Siegen. Die Arztpraxen im Altkreis Siegen sollen am heutigen Mittwoch geschlossen bleiben. Zu dieser »demonstrativen Aktion« hat der Ärzteverein Siegerland aufgerufen. Anlass, seinen Arztbesuch zu verschieben, besteht für weite Teile der Bevölkerung allerdings nicht, denn die medizinische »Basis« steht dem Appell offenkundig eher reserviert gegenüber. Empfehlenswert ist allerdings vor einem Besuch eine telefonische Nachfrage beim Haus- oder Facharzt.
Hintergrund der Aktion ist der Protest gegen die »von der Regierung beschlossene Nullrunde für die vertragsärztliche Versorgung«. Sie stellt nach Angaben des Ärztevereins angesichts von steigenden Praxis- und Personalkosten, Steuererhöhungen und anderem mehr »in der wirtschaftlichen Realität eine Minusrunde von 8 Prozent dar«.
Angesichts dieser von Ärzten als »prekär« bezeichneten Situation hatte die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) den Vorstand der KVWL im Dezember aufgefordert, auf die Ärzteschaft einzuwirken, ihre Tätigkeit der Honorarordnung »anzupassen«, d.h. ihre Leistungen und Sprechstundenzeiten entsprechend der Vergütung zu reduzieren. »Diesem Vorschlag«, so heißt es in dem vom Vorsitzenden Dr. Michael Klock unterzeichneten Siegerländer Aufruf, »schließt sich der Ärzteverein Siegerland an.«
Der Ärzteverein rechnet heute mit einer breiten Beteiligung der heimischen Mediziner an der Protestaktion. Für heute ausgemachte Praxis-Termine sollten möglichst kurzfristig verschoben werden, hieß es. Unberührt von den Praxis-Schließungen bleibt die ärztliche Notfallversorgung. Die teilnehmenden Ärzte sollen per Aushang und Text auf den Anrufbeantwortern auf einen kollegialen Notdienst verweisen, der bis zum Beginn des Ärzt-lichen Notfalldienstes aktiv bleibe.
Ob die Resonanz unter der Ärzteschaft tatsächlich so hoch ist wie erwartet, darf indes bezweifelt werden. Die SZ startete gestern einen kleinen Rundruf in Praxen im Altkreis Siegen. Das Ergebnis: Von Geschlossenheit kann nicht die Rede sein. Fest steht: Der überwiegende Teil der befragten Praxen hat heute geöffnet (elf von 15 befragten, zwei sind wegen der Protestaktion geschlossen, zwei wegen Weiterbildung).
Etwas Besonderes ließen sich die Ärzte in der Gemeinde Netphen einfallen. Ihre Praxen bleiben im Interesse der Patienten heute zwar geöffnet, dennoch aber wollen sie protestieren – via Zeitungsanzeige.
Der Anteil der zurzeit nicht vergüteten Leistungen beträgt den Angaben des Ärztevereins zufolge in Westfalen-Lippe derzeit 18 Prozent. Der Liquiditätsverlust von 8 Prozent in diesem Jahr bedeute für eine durchschnittlich große Praxis etwa die Kosten für eine Arzthelferinnenstelle. Viele Praxen könnten in diesem Jahr Entlassungen nicht mehr vermeiden. So sei in diesem Jahr bundesweit mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit unter den Arzthelferinnen von etwa 100000 zu rechnen.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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