Aufschwung kam erst spät

- Da stand die „weiße Hochzeitskutsche“ noch vor der Kirche, und geheiratet wurde „Ganz in Weiß“, jedenfalls auf der Bühne bei der Schlagerrevue „Musik liegt in der Luft“ im Leonhard-Gläser-Saal. Nina Henrich und Oliver Koch sangen den Schmusesong, den einst Roy Black interpretierte. Foto: la
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la Siegen. „Die Deutsche Wirtschaftswunder-Revue der 50er und 60er Jahre ,Musik liegt in der Luft‘ mit ihren unverwechselbaren Melodien und Tanzeinlage“ war angekündigt. Heraus kam am Mittwochabend eine Show des Mittelmaßes im dürftig besetzten Leonhard-Gläser-Saal der Siegerlandhalle. Jene, die gekommen waren, dürften sich noch erinnern an die ersten Fahrten mit dem Käfer nach Italien, die Prilblumen im Badezimmer und Frau Sommer, jene Frau, die in der Werbung immer ein Tässchen Kaffee servierte, derweil in der Wohnung Nierentisch und Tüten-Stehlampe dominierten.
Doch die spärlichen Requisiten vermittelten wenig von der Gründerzeit der Bundesrepublik. Das zweieinhalbstündigen Programm war eine Aneinanderkettung von Songs, die diese Zeit begleiteten, von „Rote Lippen soll man Küssen“ bis zum „Café Oriental“. Wie man eine solche Zeitreise parodieren und das Publikum mitreißen kann, hat kürzlich erst das Kleine Theater Bad Godesberg in Wilnsdorf bewiesen. Da bedarf es keiner Showtreppe (am Mittwochabend war es eine kleine Rampe), um einzutauchen in die Zeit, als „Im Stadtpark die Laternen“ angingen und Gitte und Rex Gildo schmachten mussten. Der Szenenapplaus hielt sich in Grenzen.
Regina Mück, Joyce Tetteh, Petra Oho, Nina Henrich, Oliver Koch und Dirk Hinzberg, die so dusselige Attribute wie „sexy Girl“, „die Taffe“ oder „der Softie“ aufgedrückt bekamen, versuchten ihr Bestes. Doch nicht jeder Interpret hat eine Stimme wie Caterina Valente, und da bleibt „Spiel noch einmal für mich, Habanero“ eben eine schlichte Coverversion wie Peter Alexanders „Verliebte muss man gar nicht erst in Stimmung bringen“. Der Wiener Dialekt ist auch nicht jedermanns Sache auf der Bühne.
Schade auch, dass die dreiköpfige Band mit Zbigniew Zawadzki, Jonas Wilms und Nicolas Börger einige Zeit hinter dem schwarzen Vorhang spielen musste. So schlecht waren die Musiker wirklich nicht, vielmehr gaben sie passable musikalische Begleiter ab. Der Stimmungs-Aufschwung kam eigentlich erst nach der Pause, da stach „Das knallrote Gummiboot“ u. a. in See, interpretiert von Petra Oho, genannt „die Kindliche“, und das „sexy Girl“ (Regina Mück) schwärmte von „Siebentausend Rindern“. Das brachte Schwung auf die Bühne, und keiner hätte die musikalische Aufforderung von Dorthe „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“ auf sich bezogen. Zwei Zugaben gab es nach dem Schlussbeifall auch: „Ein Loch ist im Eimer“, einst vom Medium-Terzett interpretiert und die TV-Erkennungsmelodie „Musik ist Trumpf“. Dann war man wieder angekommen im Jahr 2009.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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