Krankheitswelle wegen Magen-Darm-Infekten
Diakonie-Klinikum in Siegen kämpft mit Krankenstand

- Magen-Darm-Erkrankungen dezimieren derzeit die Zahl der arbeitsfähigen Schwestern und Pfleger am Jung-Stilling-Krankenhaus. Zwei der insgesamt 54 Intensivbetten können deshalb derzeit nicht belegt werden. Foto: ihm
- hochgeladen von Irene Hermann-Sobotka (Redakteurin)
ihm Siegen. Erheblichen Staub hat der SZ-Bericht „Was eine Krankenschwester schafft – und was nicht“ über die Personalsituation in den Siegener Krankenhäusern aufgewirbelt. Es kamen Leserbriefe, die den Darstellungen der Kliniksprecher widersprachen, und aufgebrachte Anrufe, die der Redaktion eine einseitige Darstellung vorwarfen.
Intensivstation wegen Personalmangel geschlossen?
Ein ganz konkreter Vorwurf von Pfarrerin Ute Waffenschmidt-Leng, die sich in der Initiative „Wa(h)re Gesundheit“ engagiert: Am Jung-Stilling-Krankenhaus sei „eine Intensivstation“ wegen Personalmangel geschlossen gewesen. Genau das hat es nach den Darstellungen der Kliniken bei der Januar-Umfrage der Siegener Zeitung aber nicht gegeben.
ihm Siegen. Erheblichen Staub hat der SZ-Bericht „Was eine Krankenschwester schafft – und was nicht“ über die Personalsituation in den Siegener Krankenhäusern aufgewirbelt. Es kamen Leserbriefe, die den Darstellungen der Kliniksprecher widersprachen, und aufgebrachte Anrufe, die der Redaktion eine einseitige Darstellung vorwarfen.
Intensivstation wegen Personalmangel geschlossen?
Ein ganz konkreter Vorwurf von Pfarrerin Ute Waffenschmidt-Leng, die sich in der Initiative „Wa(h)re Gesundheit“ engagiert: Am Jung-Stilling-Krankenhaus sei „eine Intensivstation“ wegen Personalmangel geschlossen gewesen. Genau das hat es nach den Darstellungen der Kliniken bei der Januar-Umfrage der Siegener Zeitung aber nicht gegeben.
Einzelne Betten nicht belegt
Auf Nachfrage räumt die Diakonie nun ein, dass einzelne Betten nicht belegt werden könnten, weil derzeit ein hoher Krankheitsstand beim Personal herrsche: „Die Intensivstationen im Diakonie Klinikum Jung-Stilling sind nicht geschlossen. Der Betrieb läuft. Aktuell sind lediglich zwei von 54 Betten personalbedingt nicht belegt. Grund ist die derzeitige Krankheitswelle an Magen-Darm-Infekten.“
Personaluntergrenzen eingehalten
Die SZ hatte berichtet, dass am Diakonie-Klinikum nach den Worten des Sprechers Stefan Nitz bei den pflegesensitiven Bereichen die „Personaluntergrenzen bisher stets eingehalten“ worden seien und ein durchschnittlicher Krankheitsstand von 7 Prozent beim Pflegepersonal herrsche. Dazu gibt es jetzt eine neue Stellungnahme der Klinik: „Dabei handelt es sich um einen Jahresmittelwert. Momentan herrscht unter anderem eine kurzfristig auftretende Magen-Darm-Krankheitswelle, die sich auch auf unsere Belegschaft auswirkt. Der tagesaktuelle Stand, heute, 19. Februar 2020, im Diakonie-Klinikum Jung-Stilling liegt bei 59 Krankmeldungen des examinierten Personals. Damit wird im Vergleich zu anderen Monaten – im Mai 2019 waren es beispielsweise 36 Krankmeldungen – ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand verzeichnet. Aufgrund der aktuellen Situation können wir teilweise erst im laufenden Geschäftsbetrieb eine Entscheidung darüber treffen, dass wir Betten, zum Schutz unserer Patienten und auch unserer Mitarbeiter, entsprechend der tagesaktuell eintreffenden Krankmeldungen nicht belegen.“
Dauerzustand?
Handelt es sich also nur um eine temporäre Ausnahmesituation? Eine Krankenschwester berichtet aus eigener Anschauung: „Zu Beginn meiner Tätigkeit (vor rund zehn Jahren, die Red.) waren wir im Frühdienst mit vier und im Spätdienst mit drei Pflegefachkräften besetzt. Natürlich kamen Schüler und Schülerinnen sowie Praktikanten und Praktikantinnen noch dazu. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir für die Schüler und Schülerinnen noch Zeit für die praktische Ausbildung durch Anleitungssituationen, was für die Ausbildung sehr wichtig ist.“
Im Jahr 2019 dagegen sei das Personal auf den internistischen Stationen im Frühdienst mit drei und in einem Spätdienst oft nur mit zwei Pflegefachkräften für 34 bis 37 Patienten verantwortlich gewesen. Diese Situation war für die Krankenschwester unerträglich, man habe den schwerkranken Patienten nicht mehr gerecht werden können. Deshalb hat sie gekündigt.
Aussage gegen Aussage
In einem der Siegener Krankenhäuser berichtete im vergangenen Jahr eine Schwester in der Notaufnahme, dass die Notfallpatienten auch deshalb so lang warten müssten, weil ein Patient von der Intensivstation in die Notaufnahme gebracht worden sei. Die Personaluntergrenzen für Intensiv seien andernfalls nicht mehr einzuhalten. Der Sprecher des betreffenden Krankenhauses, auf diese Situation angesprochen, verneinte kategorisch, dass eine solche Verlegung vorkomme. Hier steht, wie bei vielen anderen Vorwürfen, Aussage gegen Aussage.
Während die einen den Pflegenotstand beklagen und die anderen erklären, man sei personell gut aufgestellt, gerät der Aspekt der Organisation etwas in den Hintergrund. Fast jeder Patient kann berichten, dass nicht alles rund läuft „auf Station“. Ein paar Beispiele: kein Frühstück für den Mann, der schon am Vortag angekommen ist; Behandlungsanweisungen, die auf dem Weg vom Arzt zum Pflegepersonal versanden; angeordnete, aber vergessene Blutdruckmessungen; stundenlange Wartezeiten bei Untersuchungen in anderen Abteilungen – von Hygienemängeln ganz zu schweigen.
Für Neuaufstellungen keine Zeit
Wie viele Ressourcen besser genutzt werden könnten, wenn die Organisation des Krankenhausalltags optimiert würde, ist kaum abzuschätzen. Aber in Zeiten, wo man die vielen Patienten gerade so durchschleust, ist für eine organisatorische Neuaufstellungen offenbar in vielen Abteilungen kein Platz – und keine Zeit.
Autor:Irene Hermann-Sobotka (Redakteurin) aus Siegen |
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