Ein Zeuge sieht sich bedroht
Beteiligte im Rotlichtprozess musste auf Aussage verzichten
pebe Siegen. Der Zeuge, der nach mehreren Verhandlungspausen endlich aussagen sollte, sagte ab. Aus Gründen, die Richter Wolfgang Münker als Vorsitzender des Siegener Schwurgerichts erläuterte. Münker teilte mit, er sei morgens von der Einsatzleitung der Sicherheitskräfte angerufen und über einen zumindest denkwürdigen Vorgang informiert worden. Bei einem Spaziergang tags zuvor sei der Zeuge von einem ihm Unbekannten angesprochen worden. Der Unbekannte habe ihm gedroht, er solle vor Gericht »das Maul halten« und seine Aussage bei der Polizei widerrufen. Sonst seien zwei Familienangehörige »dran«.
Bedenkliches Ende eines von Animositäten bestimmten Verhandlungstags im Siegener Rotlichtprozess. »Sollte es den Vorfall gegeben haben«, fuhr Münker fort, »weiß ein potenzieller Täter, dass der Vorfall bekannt ist und die Polizei Gegenmaßnahmen ergriffen hat.« Der Zeuge, so ergänzte später dessen Beistand, sehe sich derzeit nicht in der Lage, auszusagen. Zwar sei er grundsätzlich dazu bereit, wolle aber zunächst die Gefahrenlage mit seinen Angehörigen besprechen.
Zuvor hatte Rechtsanwalt Dr. Jürgen Fischer wieder einmal die große Abneigungsflinte geladen und in Richtung Staatsanwaltschaft abgefeuert. Er beantragte erneut, Staatsanwalt Manfred Lischeck »von der Mitwirkung am Verfahren auszuschließen«. Die Gründe entnahm Fischer einem Prozess seines Mandanten, des angeklagten Hauptkommissars, gegen die »Bild am Sonntag«. Die hatte im August vorigen Jahres einen großen Artikel mit Aussagen eines so genannten »Kronzeugen« veröffentlicht, in dem der Kommissar enger Beziehungen zum Ex-Rotlichtkönig Winnie R. bezichtigt wurde. Lischeck, so Fischer, habe in diesem Zusammenhang unbefugt Auskünfte erteilt, so in der Zeitung »für Stimmung gegen den Angeklagten« gesorgt und ihn »reißerisch durch den Dreck gezogen«.
Münker solle deshalb »energisch auf die Ablösung hinwirken«. Der Richter runzelte die Stirn und meinte dann zu Fischer: »Eigentlich könnten Sie doch ein entspanntes Verhältnis zum Staatsanwalt haben.« Lischeck sei ja gar nicht für Fischers Mandanten zuständig. Das sei vielmehr die im Prozess ebenfalls vertretene Arnsberger Staatsanwaltschaft, derzeit mit Staatsanwalt Gipper als Sitzungsvertreter. Münker sagte jedoch zu, Fischers Ansinnen dem Leitenden Oberstaatsanwalt (LOStA) vorzulegen. Gipper selbst beantragte, Fischers Antrag zurückzuweisen, da die Begründung nur »Spekulationen und Unterstellungen« enthalte.
Die Kammer schmetterte Fischers Antrag ab, da Ausschließung und Ablehnung von »Gerichtspersonen« nach der Prozessordnung nicht für die Vertreter der Anklagebehörde gälten. Der LOStA indes sei informiert. Der aber, so sagte später Staatsanwalt Ulrich Hettwer, sehe »überhaupt keine Veranlassung«, Lischeck von Verfahren abzuziehen. Am Freitag folgt Sitzungstag Nr. 49.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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