Blinde setzen ihr Kreuzchen mit Wahlschablone
Eine Ecke fehlt

- Rainer Damerius kennt die Wahlschablone schon von vorherigen Wahlen in Siegen.
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sp Siegen/Weidenau. Sie bekommen das Gefühl, gefragt zu sein. Ihnen wird vermittelt, dass sie zur Gesellschaft dazu gehören. Ein kleines Utensil zeigt im wahrsten Sinne des Wortes, dass ihre Stimme zählt. Blinde und sehbehinderte Menschen können jetzt flächendeckend in NRW bei der Kommunalwahl mithilfe einer Schablone wählen. Damit können sie selbstständig und geheim ihre Stimme abgeben.
Schablonen bei KommunalwahlenRainer Damerius war langjähriger Behindertenbeauftragter der Stadt Siegen. Er erblindete im Alter von etwa drei Jahren und hat keine Erinnerung an visuelle Eindrücke. In der Krönchenstadt konnte er schon mehrfach eine Schablone bei Wahlen zur Hilfe nehmen.
sp Siegen/Weidenau. Sie bekommen das Gefühl, gefragt zu sein. Ihnen wird vermittelt, dass sie zur Gesellschaft dazu gehören. Ein kleines Utensil zeigt im wahrsten Sinne des Wortes, dass ihre Stimme zählt. Blinde und sehbehinderte Menschen können jetzt flächendeckend in NRW bei der Kommunalwahl mithilfe einer Schablone wählen. Damit können sie selbstständig und geheim ihre Stimme abgeben.
Schablonen bei Kommunalwahlen
Rainer Damerius war langjähriger Behindertenbeauftragter der Stadt Siegen. Er erblindete im Alter von etwa drei Jahren und hat keine Erinnerung an visuelle Eindrücke. In der Krönchenstadt konnte er schon mehrfach eine Schablone bei Wahlen zur Hilfe nehmen. Aber er weiß, dass das Thema „flächendeckend“ so hervorgehoben wird, weil dies bislang nicht in allen Kommunen der Fall war. Bei Bundestags-, Landtags- und Europawahlen wurden schon in der Vergangenheit Wahlschablonen verwendet, für die Kommunalwahlen hingegen gilt die gesetzliche Vorgabe nun erstmalig.
Nicht jeder hat private Unterstützung
„Es ist gut, dass das für Blinde jetzt selbstständiger möglich ist, das motiviert, wählen zu gehen“, sagt der 63-Jährige. Ohne die Schablonen seien Blinde und sehbehinderte Menschen beim Wählen auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen – und nicht jeder habe dieser Unterstützung. Möglich ist es aber auch weiterhin, eine Hilfsperson mit in die Wahlkabine zu nehmen.
Schablone an die Ecke legen
Aufmerksame Wähler haben es vielleicht schon bemerkt oder den kleingedruckten Text gelesen: Die rechte obere Ecke der Stimmzettel fehlt. „Eine unverwechselbare Markierung“, so Damerius. Sie ist dafür da, die Schablone anzulegen. Die gestanzten Löcher am unteren Rand der Zettel verraten den Blinden und Sehbehinderten, wen oder was sie wählen. „Die sind leicht zu erfühlen“, sagt Damerius. Ein Loch steht beispielsweise dafür, dass mit diesem Zettel der Bürgermeister gewählt wird, vier Löcher stehen für die Wahl des Landrats.
Wahlhilfepaket anfordern
Wer Mitglied im Blinden- und Sehbehindertenverein Westfalen ist, der bekommt automatisch eine Schablone und eine CD zugeschickt. Nichtmitglieder müssen das Wahlhilfepaket anfordern. Die Blindenvereine wollten die Ausgabe in ihrer Hand behalten, sagt der Weidenauer. Der Grund, warum nicht allen Blinden und Sehbehinderten eine Schablone zugesendet bekommen: „Es gibt keine Stelle in NRW, wo alle Blinden erfasst werden.“ Wohl aus Kostengründen habe man sich dagegen entschieden, die Schablonen flächendeckend an alle Wähler zu verteilen, vermutet Damerius. Eine Weitergabe der Schablone sei nicht gestattet, erklärt er. Das Kreuzchen könne durchdrücken, und damit könnten Rückschlüsse gezogen werden, wen die Person gewählt habe.
Kandidaten per CD oder Hotline vorlesen lassen
Per CD oder Telefon werden die Kandidaten und Parteien vorgelesen. Sie sind mit Nummern versehen. Über die nummerierten Öffnungen in der Schablone kann dann beim gewünschten Kandidaten ein Kreuz gemacht werden. Die Zahlen stehen groß und hervorgehoben auf der Schablone und noch einmal in Blindenschrift. Die Herausforderung: Die zuvor gehörten Nummern müssten sich die blinden und sehbehinderten Menschen bis zum Wahllokal merken und dürften dann nicht durcheinander kommen, erklärt der ehemalige Behindertenbeauftragte. Oder sie müssten sich Notizen in Blindensprache machen.
Hilfe bei Beantragung der Briefwahl notwendig
Damerius selbst wählt übrigens lieber per Briefwahl zu Hause. „Das ist entspannter.“ Er kann sich die Parteien und Kandidaten noch einmal vorlesen lassen – von der CD, der Hotline oder einer Person – und in Ruhe über die Stimmabgabe nachdenken. Allerdings: Beim Ausfüllen des Zettels, mit dem die Briefwahl beantragt werden kann, benötige er Hilfe.
Bisher alles gut funktioniert
Zwar gebe es mittlerweile mit dem neuen digitalen Personalausweis die Möglichkeit, die Unterlagen online anzufordern, aber dafür müsse man „technologisch auf dem neuesten Stand und affin sein“, so Damerius. Mit den Hilfen bei den Wahlen ist er aber grundsätzlich zufrieden. Bei ihm habe immer alles gut funktioniert.


Autor:Sarah Panthel (Redakteurin) aus Siegen |
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