EU sagt »Nein« zum Gewerbepark
Kommission stellte Entscheidung formlos ins Internet / Stadt wusste nichts
sob Siegen. Mit dem »Europa der Regionen« kann es nicht weit her sein, wenn die verantwortlichen Akteure auf Zufallstreffer beim Internet-Surfen angewiesen sind, um zu erfahren, was aus zentralen Planungsvorhaben der Region geworden ist. Dafür lieferte die Brüsseler EU-Kommission in diesen Tagen ein »leuchtendes« Beispiel. Während man nicht nur im Siegener Rathaus dringend auf eine Nachricht über das Wohl und Wehe des geplanten Gewerbegebiets Trupbach wartet, hat Brüssel die Entscheidung formlos ins Internet gestellt. Sie lautet kurz und knapp: Die Gewerbegebietspläne sollen »ad acta« gelegt werden. Gut, dass sich die Eingeborenen im Siegerland zumindest ihre »Buschtrommel erhalten haben. Eine von ihnen vernahm am Mittwoch der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Breuer, der am Abend Bürgermeister Ulf Stötzel im Rahmen einer Maifeier über die »öffentliche Bekanntmachung« in Kenntnis setzte.
In der fraglichen Entscheidung, im Internet auf den 25. April datiert, hat die EU-Kommission insgesamt vier Stellungnahmen zu Projekten abgegeben, die sich auf potenzielle Naturschutzgebiete (Natura-2000-Gebiete) auswirken. Drei wurden befürwortet, eines nicht: der Gewerbepark auf dem Standortübungsplatz Trupbach, für den die Bundesregierung über das Land eine Befreiung von der Festsetzung als Naturschutzgebiet beantragt hatte. Begründung der EU-Kommission für den abschlägigen Bescheid: »Die nachteiligen Folgen des Projekts sind nicht aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt.« Überdies seien mögliche Alternativen nicht in zufriedenstellender Weise geprüft worden. Außerdem, so fügt die EU-Kommission hinzu, »haben die zuständigen Behörden bisher keine Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen«.
Für Paul Breuer kommt die Brüsseler Entscheidung nicht von ungefähr. Für ihn ist sie Ausdruck und Ergebnis eines »halbherzigen Tauziehens« zwischen dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium und dem Grünen-Umweltministerium in NRW. Im Ergebnis, so Breuer, sei die Landesregierung gegenüber den seinerzeit auf der Siegerlandkonferenz gegebenen Zusagen wortbrüchig geworden. Breuer: »Die Region wurde hintergangen«, sie sei von Düsseldorf in Brüssel »mit einer doppelbödigen Strategie schlecht vertreten worden«. Da passe es nur ins Bild, dass keiner von den regional Verantwortlichen überhaupt wusste, dass die Entscheidung der EU-Kommission anstand. Der Region sei somit auch jede Möglichkeit genommen worden, »ihren eigenen Standpunkt vorzutragen und ihre Interessen zu vertreten«. Die Entscheidung sei »ein ganz tiefer Rückschlag für die Bemühungen unserer Region zur Sicherung von Arbeitsplätzen«. Siegens Bürgermeister Ulf Stötzel werde nun vom Land gezwungen, sich im Kleinverfahren mit einzelnen Stadtteilen anzulegen. Breuer: »Er wird über die Dörfer getrieben«
Ähnlich wie Paul Breuer schätzt auch der CDU-Europaabgeordnete Dr. Peter Liese die Lage ein. Er sieht bereits in dem über die Landesregierung eingeleiteten Antragsverfahren einen »schweren Formfehler«. So sei zwingend vorgeschrieben, die Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in Natur und Umwelt anzuführen. Das fehlt in dem Schreiben an die EU-Kommission völlig. Nach Lieses Recherchen ist aber der gesamte Antrag »stümperhaft begründet« worden, und was die »Lobbyarbeit« von Bundes- und Landesregierung für die heimische Region anbelangt, sei komplett »Fehlanzeige« zu melden.
Trotz der abschlägigen Internet-Mitteilung ist für Liese und Breuer in Sachen Gewerbepark Trupbach noch nicht aller Tage Abend. Zwar sei es »eine heikle juristische Frage«, ob sich ein Mitgliedsland über eine solche Stellungnahme der EU-Kommission hinwegsetzen könne, aber für die beiden Unionspolitiker besteht auch die Chance, mit einem zweiten Antrag in Brüssel vorstellig zu werden. Der müsse Formfehler vermeiden und erläutern, dass es keine akzeptablen Alternative zu diesem Gewerbe-Standort gebe.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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