"Wir sind systemrelevant"
Fitnessstudios fühlen sich in Corona-Zeiten benachteiligt

- Denis Schmidt und seine Frau Lana leiten das neue Fitnessstudio in Dreis-Tiefenbach. Die Coronakrise hat die Startphase blockiert, jetzt hoffen sie auf einen baldigen Neuanfang im Mai.
- Foto: Michael Roth
- hochgeladen von Sonja Schweisfurth (Redakteurin)
mir Siegen. Jahre und Jahrzehnte haben Ärzte, Politiker und Krankenkassen geworben, Leute bewegt euren Körper, erhebt euch von der Couch, jeder trainierte Muskel fördert die Gesundheit. Und jetzt? In den Tiefen der Corona-Misere sind alle Fitnessstudios seit vier Wochen geschlossen, und sie bleiben es bis Anfang Mai. Mindestens. Vielleicht noch länger.
Die meisten Mitglieder bleiben dabeiEtablierte Studios gibt es zuhauf. Auch in Siegen und Umgebung haben sich bundesweit agierende Anbieter niedergelassen. Sie können die seuchenbedingte Auszeit locker aussitzen. In vielen Fällen werden die Beiträge per Lastschrift abgebucht, Einnahmen sind also vorhanden. Stornierungen gibt es, das Gros der Mitglieder hält ihren Studios aber die Stange – über Jahre gewachsene Treue.
mir Siegen. Jahre und Jahrzehnte haben Ärzte, Politiker und Krankenkassen geworben, Leute bewegt euren Körper, erhebt euch von der Couch, jeder trainierte Muskel fördert die Gesundheit. Und jetzt? In den Tiefen der Corona-Misere sind alle Fitnessstudios seit vier Wochen geschlossen, und sie bleiben es bis Anfang Mai. Mindestens. Vielleicht noch länger.
Die meisten Mitglieder bleiben dabei
Etablierte Studios gibt es zuhauf. Auch in Siegen und Umgebung haben sich bundesweit agierende Anbieter niedergelassen. Sie können die seuchenbedingte Auszeit locker aussitzen. In vielen Fällen werden die Beiträge per Lastschrift abgebucht, Einnahmen sind also vorhanden. Stornierungen gibt es, das Gros der Mitglieder hält ihren Studios aber die Stange – über Jahre gewachsene Treue. Das hat die SZ bei einem Rundruf erfahren.
Neues Studio bangt um die Existenz
Aber: In Dreis-Tiefenbach bahnt sich eine ökonomische Schieflage an, sollte die behördlich verordnete Corona-Schließung über weitere Monate anhalten. Denis Schmidt hat sein Studio DS-Fitness gerade erst am 1. Februar eröffnet. Also zu einer Zeit, als das Virus in deutschen Landen noch keinen Schrecken verbreitete.
Die Hoffnung liegt auf Mai
„Der Start war super. Ich habe mit Anzeigen in der SZ begonnen, alles lief gut an. Auch der März war anfangs noch gut, dann kam die Schließung“, blickt der junge Studiobetreiber sorgenvoll in die Zukunft. „Hoffentlich geht was im Mai.“ Zumal der Sommer vor der Tür steht. Für Fitnessstudios erfahrungsgemäß nicht gerade die Hochsaison. Schmidt: „Die Leute machen Urlaub, bewegen sich im Freien, die wenigsten trainieren immer im Studio. Die Zeit muss ich überstehen.“
Zeit der Schließung wird gutgeschrieben
Schmidts zahlende Mitglieder murren nicht oder kaum: „99 Prozent haben mir gesagt, wir bleiben dabei.“ Die Zeit der Schließung wird gutgeschrieben und ans Vertragsende angehängt. Der Jung-Unternehmer hat seinen Kunden außerdem angeboten, sie könnten einen Freund zum Training mitbringen, wenn es wieder losgeht. Ein Vorschlag, der super angekommen ist.
Schmidt hat ein Rundschreiben an alle Kunden gemacht. Sie unterstützen ihn. Bleibt die bange Frage: Reicht das? Im Gegensatz zu den Alt-Studios ist Schmidts Unternehmung noch im Aufbau begriffen.
Hygieneregeln? Kein Problem, meint Denis Schmidt. Desinfektionsmittel im Spender könnten helfen, eine Reduzierung der Geräte sei auch möglich. Auch die zahlenmäßige Begrenzung – immer nur ein paar Sportler pro 100 qm – hält er für machbar.
Gesundheitskonzept wartet in der Schublade
Ein zweiter Studio-Betreiber – Gerrit Haug – ist gerade erst in Weidenau an den Start gegangen. Er hat das „Injoy“ am Hauptmarkt übernommen (früher Health City). Ein inhabergeführtes Studio mit dem Markenverband als Dachorganisation. Neben Weidenau führt Haug ein Studio in Recklinghausen: „In Weidenau haben wir jetzt gerade sehr viel Geld in die Hand genommen. Die Schließung kommt zur Unzeit.“
Klare Worte. Dazu eine geballte Kritik in Richtung Berlin: „Möbel und Mode dürfen öffnen, wir nicht. Das ist nicht nachvollziehbar.“ Er und seine Kollegen hätten ein schlüssiges Gesundheitskonzept in der Schublade, um allen Widrigkeiten in Zeiten von Corona zu begegnen. „Leider werden wir in Berlin nicht gehört, weil wir kein einheitliches Sprachrohr haben“, bemängelt Haug. „Aber wir sind viele. 12 Millionen Menschen gehen bundesweit in Studios trainieren. Aber deren Bedürfnisse sind den Politikern offenbar total egal.“
Sport ist gut für die Gesundheit
Haug schlussfolgert aus dieser Masse an Sportlern: „Wir sind klar systemrelevant, das muss Berlin begreifen.“ Viele der Studios betrieben aktiven Gesundheitsschutz. Das Muskeltraining sei erwiesenermaßen gut für den Körper. Seine Prognose: „Sollte die Schließung noch länger anhalten, wird die Zahl der Kreislauferkrankungen und der Herzinfarkttoten steigen.“
Auf seine Mitglieder lässt Haug nichts kommen. Der Großteil sei einverstanden, dass weiter abgebucht werde. Für den April habe man als Gegenleistung ein Gutscheinangebot aufgelegt, für den Mai plant Haug folgende Lösung: „Von gezahlten Beiträgen werden 30 Prozent als Spende an caritative Einrichtungen gegeben.“
Mitmachaktionen im Netz
An der Leimbachstraße bei „Be Fit“ sollte jetzt im April eigentlich so richtig die Post abgehen. Vor der Schließung war über die Hälfte der Trainingsgeräte durch neue und bessere Exemplare ersetzt worden. Die Duschen sind neu, im gesamten Studio der Boden neu verlegt worden, die letzten Pfützen auf dem Parkplatz sind verschwunden – aber keiner kann trainieren. Ein Jammer.
Studioleiterin Banu Montana schaut stets nach dem Rechten. Über soziale Medien hält sie mit ihren Kollegen Kontakt zu den Sportlern, bietet Mitmachaktionen im Netz an: „Das Echo ist total positiv.“ Ein paar Nutzer haben ihren Vertrag storniert, ein paar nicht gezahlt. Die große Menge der Trainierenden will dem „Be Fit“ treu bleiben. „Hoffentlich geht es bald wieder los“, ist Banu Montana optimistisch.
Freimonate nach Corona
Ein alter Hase in der Branche ist Ralf Züchner aus Hilchenbach, 23 Jahre betreibt er sein Studio „Aczente“. Er lobt seine „vielen loyalen Mitglieder“, die er mit Freimonaten nach der Coronazeit entschädigen will. Für sechs Minijobber und zwei Midijobber hat er keine Arbeit mehr. Die Soforthilfe der Bundesregierung hat er sofort bekommen. Ein Glück, verbunden mit einem Haken: „Die 9000 Euro muss ich versteuern, das steht im Kleingedruckten.“ Komisch, weder Politik noch Bürokratie haben das bisher betont.
Mit Online-Kursen die Zeit überbrücken
Wie geht es weiter in Hilchenbach? Mit Online-Kursen hält Züchner seine Sportler bei Laune. Finanziell kann er die nächsten Wochen überbrücken. Sollte die Coronapause länger dauern, dürfte es eng werden. „Die Sauna bleibt aus, das ist mir klar. Kurse werden auch kaum möglich sein. Aber die Abstände zwischen den Geräten lassen sich vergrößern, damit sich alle Sportler aus dem Weg gehen.“
Tja, eines kann Züchner nicht akzeptieren: „Wenn alles so streng reglementiert wird, dann bitte darf auch die City-Galerie nicht geöffnet werden, das versteht keiner.“
Autor:Michael Roth (Redakteur) aus Siegen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.