Für Musik über die Grenzen
Ukrainischer Nachwuchs-Pianist Juriy Sytch wurde »auf der Straße« entdeckt
gmz Weidenau. Es gibt Geschichten, die hören sich so an, als seien sie geradewegs aus dem Märchenbuch entstiegen, so wunderbar ist ihr Verlauf. Märchenhaft klingt die Geschichte des jungen ukrainischen Pianisten Juriy Sytch, der am Montagabend im Hermann-Reuter-Haus in Weidenau gemeinsam mit seinem Vater Roman Sytch, der ihn mit dem Kopfakkordeon begleitete, klassische Werke der Klaviermusik vortrug (die durch Lesungen ergänzt wurden). Märchenhaft ist nicht, dass der 18-Jährige so gut Klavier spielt – als die SZ vor dem Konzert mit ihm sprach, trug er eine kleine, aber feine, sehr klar strukturierte Chopin-Etude vor, die in seiner Interpretation zu einer hochdramatischen Episode wurde: Das ist das Ergebnis harter Arbeit und sicher auch seiner Begabung. Märchenhaft ist eher, wie er nach Siegen kommt und wie es kommt, dass er im Oktober sein Klavierstudium an der Musikhochschule Frankfurt bei Prof. Irina Edelstein beginnt.
Der aus dem kleinen Städtchen Iwano-Frankiwsk am Fuße der Karpaten stammende Ukrainer verdankt es zwei ebenso wichtigen wie zufälligen Begegnungen, dass er zum Studium nach Deutschland kommt und in Siegen auftrat. Sein Vater, ebenfalls studierter Musiker, begegnete vor einigen Jahren in Frankfurt der renommierten Klavier-Professorin Irina Edelstein, als er gemeinsam mit seinem Freund Viktor Polischtschuk in der Fußgängerzone Bach auf dem Knopfakkordeon spielte. Man kam ins Gespräch, Roman Sytch erwähnte seinen Sohn, der Klavier spiele. Wenn er so begabt sei wie der Vater, so die Reaktion der Musik-Professorin, dann könne er ihr ja mal vorspielen. Die Gelegenheit dazu ergab sich im darauf folgenden Sommer – und Irina Edelstein meinte, Juriy Sytch solle nach Möglichkeit Klavier studieren.
Doch der Weg von Iwano-Frankiwsk nach Frankfurt ist weit und die Kosten sind hoch. Dass Juriy Sytch doch die Gelegenheit dazu bekommt, verdankt er dem Engagement des Weidenauer Ehepaares Knetsch, das Vater und Sohn Sytch bei einem Besuch in Miltenberg auf der Straße spielen hörte und ganz begeistert war. So begeistert, dass Frau Knetsch Kontakt mit den beiden aufnahm und beschloss, den jungen Musiker zu fördern. Sie lud ihn nach Deutschland ein, ein erstes Hauskonzert fand vor zwei Jahren bei Familie Knetsch statt, ein zweites folgte, auch ein erstes Konzert im Hermann-Reuter-Haus.
Inzwischen hat Juriy Sytch an zwei Meisterkursen der Musikhochschule Frankfurt in Koblenz teilgenommen und als einer der wenigen die Aufnahmeprüfung für das Klavierstudium bestanden. Im Oktober geht es los – ohne das Engagement vieler Unterstützer und Förderer wäre es nicht möglich. Und nicht ohne Juriys eigenen Einsatz!
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.