Gebündelte Kräfte für Integration
Wohlfahrtsverbände bauen Netzwerk für Migrationsdienst auf / Modellversuch vorgestellt
js Siegen. Noch steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus - die fällt erst am Mittwoch. Noch ist also unklar, ob das Zuwanderergesetz tatsächlich zum 1. Januar in Kraft treten wird. In Siegen jedenfalls ist man vorbereitet: In einem Modellprojekt versuchen die freien Wohlfahrtsverbände der Region, ihre Kompetenzen zu bündeln und einen gemeinsamen Migrations-Fachdienst zu etablieren. Bei der ersten »Siegener Integrationskonferenz« stellten die Verantwortlichen jetzt ihr Konzept vor.
»Wir möchten die Dienste unserer Verbände vernetzen«, erläuterte Reinhard Streibel vom Dachverband der NRW-Wohlfahrtsverbände. »Wir haben die Kompetenz, das Know-how und den Zugang zur Zielgruppe.« Die Steuerungsgruppe besteht aus neun Vertretern von Arbeiterwohlfahrt (AWo), Caritas, Deutschem Roten Kreuz (DRK), dem Diakonischen Werk, dem Internationalen Bund und dem Verein für soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen. »Bisher funktionierte Integration nach dem Zufallsprinzip«, so Stefan Böhmer vom Verein für soziale Arbeit und Kultur. Es sei reine Glückssache gewesen, ob Neuzuwanderer an die »richtigen Stellen« geraten seien. Ohne eine zentrale Steuerung hätten Migranten einfach keine Anlaufstelle gehabt.
Die Vernetzung der sechs Migrations-Fachdienste bietet den Zuwanderern ab Januar ein Instrumentarium, das den Integrationsprozess in Siegen beschleunigen und vereinfachen soll. Böhmer: »Wir beginnen mit einer Erstberatungsphase.« Die soll nach Möglichkeit in der Muttersprache des Zuwanderers stattfinden. »Danach wird eine schriftliche Integrationsvereinbarung getroffen, die als Grundlage für die Zusammenarbeit dient.« Ein individueller Förderungsplan also, der sechs »Module« beinhalten soll: Sprache, Schule, Ausbildung, Beruf, soziales Umfeld/Freizeitgestaltung und persönliche Anliegen. Sprachkurse stehen dabei im Vordergrund: 300 Stunden Grundkurs und ein ebenso langer Aufbaukurs sind geplant. Ein hohes Maß an Motivation und Mitarbeit des »Klienten« sei dabei unerlässlich. Konkret wird das ab Jahresbeginn 2003 so aussehen: Ein mehrsprachiges Info-Faltblatt wird auf verschiedenen Ämtern ausliegen, sodass jeder Neuzuwanderer (schätzungsweise 30 bis 50 in Siegen) mit den nötigen Adressen versorgt wird. Ob dann die Kompetenzen der Siegener Migrations-Fachdienste ausreicht, bleibt noch abzuwarten. Im Publikum der Konferenz wurden jedenfalls Zweifel laut, die auch die Steuerungsgruppe nicht ganz von der Hand zu weisen wusste. Böhmer: »Es ist ein Modellversuch. Wir müssen sehen, was in der Praxis dabei herauskommt.«
Um die Bündelung aller Dienste im Stadtgebiet gewährleisten zu können, teilte Ilse Zalewski (Caritas) Formulare aus, die die Erstellung einer »Netzwerkkartei« ermöglichen sollen: Mitglieder jeder Organisation, ehren- und hauptamtlich, sollen darin ihr Angebot unterbreiten. »Ob Sprachkurse, Berufstrainung oder Freizeitmaßnahmen - wir können alles gebrauchen.« Die Kartei soll allen Beteiligten zugänglich gemacht werden und somit einen hohen Nutzwert in der Integrationsarbeit haben. Die Siegener Konferenz war erst die dritte ihrer Art in NRW. Insgesamt sollen vorerst elf solcher Standorte für Integrations-Modellversuche geschaffen werden. Zalewski: »Wir werden im Juni und Anfang 2004 weitere Konferenzen abhalten, um Bilanz zu ziehen.« Das Ende des Modellprojekts bedeute nicht das Ende der Integrationsarbeit. »Im Gegenteil: Das ist erst der Anfang.«
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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