Heim-Skandal nur ein Einzelfall

- Die Anzahl der Fälle von Kindeswohlgefährdung steigt, die Inobhutnahme von 22 Kindern aus diesem Heim war aber ein Einzelfall. Archivbild: wette
- hochgeladen von Archiv-Artikel Siegener Zeitung
db 22 Kinder und Jugendliche aus einem privaten Kinderheim in Obhut nehmen. Noch immer gibt es nur wenig Details, was in Netphen-Salchendorf tatsächlich vorgefallen ist. Fest steht: Der Fachservice Jugend und Familie sah das Kindeswohl massiv gefährdet. Den Kindern soll unter anderem als Bestrafung Essen vorenthalten und außerdem der Kontakt zu anderen verboten worden sein. Wenn Verantwortliche keine Lösungen mehr fänden, dann griffen sie oft zu harten Sanktionen, versuchte sich am Dienstag Diplom-Sozialpädagoge Dirk Schäfer an einer möglichen Erklärung. Die Kinder würden dann aus Furcht gehorchen und die Verantwortlichen dadurch denken, dass sie alles richtig gemacht hätten. Stichwort: den Willen brechen.
Erst kürzlich musste das KreisjugendamtFür das Kreisjugendamt war der Einsatz in Netphen-Salchendorf ein wahrer Kraftakt, wie Thomas Wüst als stellvertretender Leiter der SZ noch einmal bestätigte. NRW-weit habe der Fall für Aufsehen gesorgt. In dieser Dimension in der Region ein Einzelfall, aber nicht der einzige Fall. Denn die Fälle, in denen das Jugendamt wegen akuter Gefährdung des Kindeswohls eingreifen muss, häufen sich. Das Statistische Landesamt spricht gar von einer Verdreifachung innerhalb eines Jahres. Thomas Wüst zeigte sich aber mit diesen Zahlen nicht einverstanden. „Es gibt diesen Anstieg“, räumte er gegenüber der SZ ein. Dieser sei aber bei weitem nicht so massiv. 431 Meldungen seien 2014 eingegangen, ein Jahr zuvor waren es noch 392. Aber: Nur rund ein Viertel der Kinder wird vom Jugendamt tatsächlich in Obhut genommen.
Das Abarbeiten der Alarmmeldungen binde mittlerweile einen Großteil der Kapazitäten der Jugendämter, weiß Prof. Klaus Wolf. Er ist Leiter der Forschungsgruppe Pflegekinder an der Universität Siegen und anerkannter Experte auf diesem Gebiet. Er macht deutlich, dass sich die Arbeit in Pflegefamilien und -heimen in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich verbessert hat: „Salchendorf ist nicht typisch für Pflegeheime!“ Durch bundesweit öffentlich gewordene Skandale in verschiedenen Einrichtungen und Familien sei nicht nur die Sensibilität der Öffentlichkeit und der Jugendämter gestiegen, sondern auch der Gesetzgeber habe darauf reagiert. Wo früher schon einmal nicht so genau hingeschaut worden sei, da „guckt man heute immer skeptischer hin“.
431 Mal ist das Jugendamt im vergangenen Jahr wegen Kindeswohlgefährdung alarmiert worden. /db
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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