Reform des Beförderungsgesetzes
Im Taxi fährt die Sorge mit

- Sie warten am Betzdorfer Bahnhof auf den nächsten Fahrgast (v. l.): Vera Röhle-Loos (Taxi Weber, Elben), Thomas Spatzig und Dieter Schmidt (beide Taxi Fronz, Wallmenroth).
- Foto: rai
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goeb Siegen/Kreuztal/Betzdorf. Anfang März passierte die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes von 1961 nicht ganz ohne Sperrfeuer den Bundestag. Zuvor war Jahre darüber gestritten worden. Ziel ist es, nun eine Rechtsgrundlage zu schaffen für neue Geschäftsmodelle im Nahverkehr – digitale vornehmlich. Denn die Möglichkeiten, die heute das Smartphone und das Internet insgesamt möglich machen, haben das alte Regelwerk, das in seinen Ursprüngen gar bis ins Jahr 1935 zurückreicht, längst auf der Überholspur hinter sich gelassen. Damit im Taxigewerbe nicht „Wildwest“ ausbricht, hat der Gesetzgeber dafür einige Sicherungen eingebaut.
goeb Siegen/Kreuztal/Betzdorf. Anfang März passierte die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes von 1961 nicht ganz ohne Sperrfeuer den Bundestag. Zuvor war Jahre darüber gestritten worden. Ziel ist es, nun eine Rechtsgrundlage zu schaffen für neue Geschäftsmodelle im Nahverkehr – digitale vornehmlich. Denn die Möglichkeiten, die heute das Smartphone und das Internet insgesamt möglich machen, haben das alte Regelwerk, das in seinen Ursprüngen gar bis ins Jahr 1935 zurückreicht, längst auf der Überholspur hinter sich gelassen. Damit im Taxigewerbe nicht „Wildwest“ ausbricht, hat der Gesetzgeber dafür einige Sicherungen eingebaut. Beispielsweise können Kommunen über ein Mindestbeförderungsentgelt mit entscheiden, ebenso können sie die Einhaltung von Sozialstandards prüfen, zum Beispiel, ob Pausen eingelegt werden, die Fahrer ausreichend entlohnt werden und andere Voraussetzungen gegeben sind.
Große Skepsis
„Ich halte gar nichts von dem neuen Gesetz“, lässt sich Gerold Schmidt, Inhaber von Taxi Schmidt auf der Siegener Schemscheid, ein. „Jetzt kann jeder einsteigen, da wird allen Tür und Tor geöffnet, und offensichtlich ist das von der Regierung ja auch so gewollt.“ Das traditionelle Unternehmen ist breit aufgestellt, hat 45 Autos am Start, nicht nur Taxis. Vor Corona hat Schmidt noch groß investiert, dann brach die Pandemie aus. Ob er das aus heutiger Sicht noch einmal täte? „Da habe ich meine Zweifel“, meint er vielsagend. Zwar sei man einigermaßen durch Corona gekommen, aber in der Branche blieben viele Kleine und Gründer bereits auf der Strecke. Die Hygienekonzepte waren teuer, viele Einnahmequellen wie Nacht- und Feiertagsfahrten sind versiegt, Transfers zu den Flughäfen – ebenfalls Fehlanzeige. Dazu kam die Mindestlohnerhöhung. „Im Herbst steht das schon wieder an“, ergänzt Gerold Schmidt. „Und jetzt kommen sie uns auch noch mit dieser Gesetzesnovelle.“
Starke Konkurrenz - auch bei Krankentransporten
Auch in Siegen gebe es bereits Konkurrenz durch „Billigheimer“. Uber, sagt er, sei weltweit auf dem Vormarsch. „Die hält man durch solche Gesetze nicht auf, im Gegenteil.“ Einen gewissen Vorteil sieht Schmidt in der Spezialisierung, zum Beispiel Liegendfahrten, die er ermöglichen kann. „Einen Rollstuhl-Transport können heute schon viele anbieten.“ Überhaupt sei die Veränderung bemerkenswert. Früher habe in Siegen keiner Krankentransporte machen wollen. Heute herrsche starke Konkurrenz.
Die oben zitierten „Wildwest“-Zeiten sieht Heinz-Werner Albrecht, Taxi- und Mietwagenunternehmer in Kreuztal (vier Autos), längst angebrochen. „Ein funktionierendes System wird kaputt gemacht. Das ist der Todesstoß für viele Firmen“, schimpft er. Im Prinzip könne jeder anfangen, „ohne Kontrolle, ohne Ausbildung“. Albrecht: „Die lassen sich ihr Auto registrieren, holen sich eine App und fahren los.“ Der Kreuztaler glaubt nicht, dass dies überhaupt zu kontrollieren sei. „Wer will dann da die Arbeitszeit überwachen? Die sitzen zwölf Stunden lang am Steuer und niemand überprüft das. So etwas nennt sich Wettbewerbsverzerrung.“
Sorge vor prekären Arbeitsverhältnissen
Das sieht auch Gerold Schmidt so. „Die fahren doch zu ganz anderen Konditionen“, kritisiert er. Er hat bereits festgestellt, dass die „Billigheimer“ auch Fahrten weit weg vom Betriebssitz annehmen.
Mit Schaudern blicken die heimischen Taxiunternehmen nach Amerika, wo neue Fahrdienste in wenigen Jahren das Taxigewerbe verdrängt haben. Was die Findungskommission jetzt nach zwei Jahren als Kompromiss herausgearbeitet habe, höre sich in der Theorie erst mal passabel an. In der Praxis aber, so glauben alle, lässt sich das niemals kontrollieren. Mehr noch: Prekäre Arbeitsverhältnisse würden dadurch sogar gefördert. Das in der Novelle als „gebündelter Bedarfsverkehr“ ausgewiesene Modell könnte bedeuten, dass der Kunde über eine App ein Auto – zum Beispiel einen Minibus – zum verabredeten Ort bestellt. Per Algorithmus wird die Route so organisiert, dass weitere Personen mit ähnlichen Zielen zusteigen können. „Vielleicht wird das in Kreuztal und kleineren Städten noch nicht sofort kommen“, erwägt Hans-Werner Albrecht. „Siegen wird das aber schon bald zu spüren bekommen.“
Autor:Dr. Andreas Goebel (Redakteur) aus Betzdorf |
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