Ironische Wort-Jonglage

- Martin Herrmann sang satirische Lieder voller Sprachwitz zur Gitarre. Foto: bö
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bö Siegen. Herrmann. Zwei r, zwei n. Herr und Mann. Maskuliner geht’s nimmer. Wie es sich halt für einen echten „Frauenflüsterer“ gehört, der schon als Säuger im Stehen in die Windeln gepinkelt hat. Ein gute Portion Machismo schadet nicht, aber eine Prise Gutmensch macht die Mischung Mann erst perfekt. Der Vorname Martin atmet schließlich den Geist der Nächstenliebe, die der geteilte Mantel symbolisiert. Auch wenn hinterher beide erfroren sind. Nachdem er sich vorgestellt hatte, testete Martin Herrmann am Freitagabend bei seinem sechsten Gastspiel im Lyz die Erkenntniskompetenz des Publikums im ausverkauften Kleinen Theater.
Ein Aufmerksamkeits-Defizit war zumindest nicht festzustellen und die Besucher fühlten sich prächtig vom zungenflinken Salon-Kabarettisten unterhalten, der so fein, leicht schwäbelnd, mit Wörtern spielen kann. Natürlich steht in seinem Programm „Keine Frau sucht Bauer“, offensichtlich beeinflusst von einem erfolgreichen Privat-TV-Format, die Beziehung der Geschlechter („aktiver Attraktivitätsrückbau“) im Vordergrund, aber Martin Herrmann eröffnet immer wieder „Nebenkriegsschauplätze“, wird auf subtile Art politisch, wenn er das String-Kopftuch vorführt, mit dem sogar in baden-württembergischen Schulen unterrichtet werden darf. Auch wenn er sich mal einen Landmann-Hut aufsetzt und in ein rot-weiß kariertes Hemd schlüpft oder die Vorzüge von naturbelassenem Melkfett (nicht nur für die Kuh) anpreist, Martin Herrmann ist eher ein Freund der leisen Töne. Z. B. wenn er zur Gitarre oder zur tibetanischen Küchenharfe (manche nennen das Instrument banal Eierschneider) greift und Lieder über die Wiedergeburt oder die nicht stimmende Chemie zwischen Menschen oder Umwelt und Industrie singt. Überhaupt ist er, wenn er singt, am stärksten.
Mit schmeichelnder Stimme feuert er oft ätzende Satirepfeile, die – wegen ihres Wohlklangs – oft erst mit einem Verzögerungseffekt Wirkung zeigen. Das ist wie mit dem Zeckenbiss, den Herrmann thematisiert, weil er ja auch schon in dem Alter ist, in dem die Apotheken-Umschau zur bevorzugten Lektüre gehört. Nach rund zwei Stunden Wort-Jonglage der ironischen Art erklatscht sich das Publikum noch einige Zugaben.
Zur Begrüßung der Gäste hatte sich das veranstaltende Kultur-Büro des Kreises Siegen-Wittgenstein übrigens etwas Besonderes einfallen lassen. Passend zum Thema stand eine Kuh im Foyer und es wurde Bananen-Milch für Alle gereicht. Milch macht schließlich müde Männer munter...
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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