Klassische Momente
Philharmonie spielte unter Peter Leonard Werke von Mozart, Prokofjew und Brahms
ciu Siegen. Dieses Sinfoniekonzert war eines der eher fein gesponnenen Art. Die Philharmonie Südwestfalen spielte am Freitag unter Leitung von Peter Leonard, dem dritten Bewerber um die Fritzsch-Nachfolge (die SZ berichtete), im Leonhard-Gläser-Saal ein Programm, das herausforderte und zugleich das Schwelgen in wundersamer Musik erlaubte. Den Auftakt zu einer spannungsreichen Konzertfolge bildete dabei die Ouvertüre zu Wolfgang Amadeus Mozarts (1756–1791) »Don Giovanni«. Spürbar entwickelte das Orchester die hier innewohnende Dramatik, agierte sehr geschlossen, setzte deutliche dynamische Akzente – bis zu einem ganz fein genommenen Schlussakkord, der hinter dieses kurzgefasste »lustige Drama« statt eines Ausrufezeichens einen Doppelpunkt zu schreiben schien.
Ein unentwegt sphärisches Flimmern und Flirren machte den Kopfsatz des Konzerts für Violine und Orchester Nr. 1 D-Dur op. 19 von Sergej Prokofjew (1891–1953) aus. Ein starker Kontrast zur anfänglichen sehnsuchtvollen Melodie, der Katrin Scholz, die Solistin des Abends, den leidenschaftlichen Klang tief empfundenen, schmerzlichen Fühlens gab. Das Orchester duettierte mit diffusen Brüchen sehr im Hintergrund, so dass das Andantino beinahe ein reines Solo für Violine war. Katrin Scholz, unter anderem Leiterin des Kammerorchesters Berlin und der Sächsischen Kammerphilharmonie, meisterte die brutalen Sprünge, die irrsinnigen Tempi und rhythmischen Finessen des gesamten Stücks ausgezeichnet. Sie verlieh Prokofjews »doppelbödigem Spiel« (Bettina Landgraf), dieser lyrischen Groteske, eine tiefe Expressivität.
Vielleicht wurde in diesem Stück das Thema des Konzertabends, »Licht und Melancholie«, am deutlichsten fassbar. Denn ungeachtet der lichten klanglichen Höhe mochte sich unbeschwertes Glück nicht erfüllen. – Das Publikum dankte der Solistin mit viel Applaus, den Katrin Scholz nicht unbeantwortet ließ: Sie gab ein Largo von Johann Sebastian Bach zu, ein Kleinod voller Ruhe und Innerlichkeit.
Die Pause nutzte Philharmonie-Intendant Gernot Wojnarowicz dazu, noch einmal und diesmal vor großer Öffentlichkeit (der Leonhard-Gläser-Saal war fast ausverkauft) das großzügige Engagement von Barbara Lambrecht-Schadeberg zu würdigen, die dem Orchester, wie berichtet, zu einem professionell gestalteten Erscheinungsbild, einem neuen Logo, verholfen hat.
Zum Immer-wieder-Hören schön: die Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 von Johannes Brahms (1833–1897). Ein romantischer »Evergreen«, mit dem die Philharmonie Südwestfalen am Freitag einen klassischen Moment der besonderen Art schuf. Geduldig und völlig ohne Hast entfalteten die Musikerinnen und Musiker die thematischen Muster dieses dicht strukturierten Werkes. Hervorzuheben ist unbedingt die famose Hornpassage des ersten Satzes und auch die so grazil und lockerleicht musizierte Melodie, mit der die Oboe dem Allegretto seinen unvergleichlichen Charakter gab. Auffallend wenig Zeit ließ Dirigent Peter Leonard seinem Orchester und dem Publikum zwischen den vier Sätzen. Er forcierte sichtlich das rhythmische Voranschreiten des Finalsatzes, dirigierte durchweg sehr klar und präzise, immer der Sache, der Musik, dienend.
Am Ende gab es langanhaltenden Applaus für die Künstler des Abends. – Nach diesem Konzert steht die Findungskommission vor der Entscheidung. In gut einer Woche wird klar sein, wie der Dirigent der Philharmonie Südwestfalen ab der nächsten Spielzeit heißt: Ernst van Tiel, Russell N. Harris oder Peter Leonard.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.