Kommentar
Klatsche mit Ansage

- hochgeladen von Jan Krumnow (Redakteur)
Drei Verlierer (Landesregierung, Einzelhandel und die NRW-Bürger) und eine Gewinnerin (unsere Verfassung). Das ist nach dem Spruch der obersten NRW-Verwaltungsrichter in Münster die Bilanz des Tages, eine bittere Bilanz.
Die Richter haben nicht anderes getan, als mit ihrer Entscheidung den Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung zu garantieren. Oder anders ausgedrückt: Die Landesregierung konnte mit ihrer Corona-Schutzverordnung von Anfang März nicht vernünftig erklären, warum ich in einer Boutique einen Termin fürs Shoppen brauche und im benachbarten Buchladen nicht. Düsseldorf konnte auch nicht plausibel machen, dass in einem Schreibwarengeschäft mehr Menschen gleichzeitig einen Bleistift betrachten und dann kaufen dürfen, während beim Juwelier nebenan per „Click & Meet” ein Zeitfenster fürs „Einkaufserlebnis” mit stark limitierter Kundenzahl und Spaßbremse gebucht werden muss.
Also: Alles in allem eine herbe juristische Niederlage für die Landesregierung, die die Widersprüche trotz Heerscharen von Volljuristen in den Ministerien und in der Staatskanzlei nicht auflösen konnte. Ein Klatsche mit Ansage zudem, die vor allem den Blick auf eines lenkt: auf den Eindruck, dass willkürlich verfahren und fahrlässig in Pandemie-Paragrafen getextet wird.
Ob Absicht oder nicht: Wenn die Landesregierung schon die Regeln für die sogenannten Non-Food-Geschäfte auf Grundlage des Investitionsschutzgesetzes aufstellen möchte, müssen sie für alle gelten. Denn sonst ist weder dem Einzelhandel – in weiten Teilen gebeutelte Verliererbranche – noch dem Bürger gedient. Der verliert gerade so oder so jedes Vertrauen in die Corona-Schutzmaßnahmen.
Da sind die Richter in Münster, denen es bei dieser Sache eigentlich weder ums Wohl des Einzelhandels noch ums Wehe der Bevölkerung bzw. um den Gesundheitsschutz angesichts steigender Corona-Fallzahlen und explodierender Inzidenzen geht, professioneller. Sie haben bestätigt, dass Geschäfte, in denen wir die Dinge zur Deckung des täglichen Grundbedarfs erhalten, anders bewertet werden müssen als Läden, die Lebensqualität, vielleicht sogar Luxus anbieten. Alles andere muss abgewogen werden. Genau das hat Land nicht getan.
c.hoffmann@siegener-zeitung.de
Autor:Christian Hoffmann (Redakteur) aus Siegen |
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