Interview mit Koch Ulrich Pohl
Night of Light in der Region

- Foto: Martin Völkel
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vö Siegen/Bad Berleburg. Zunächst war von rund 3000 Teilnehmern die Rede, am Samstag stand die Zahl schon bei 5500 – und bis Montag dürften es noch einige mehr werden: Die Veranstaltungswirtschaft in Deutschland setzt die Alarmstufe Rot. In der Nacht von Montag auf Dienstag werden in einer bundesweiten Aktion in mehr als 250 Städten Veranstaltungsstätten, Treffpunkte sowie öffentliche Gebäude und Bauwerke mit rotem Licht in Szene gesetzt: leuchtende Mahnmale, die sich zu einem gewaltigen Licht-Monument arrangieren. Es geht um ein imposantes Zeichen für eine vom Aussterben bedrohte Branche und einen Appell zum Dialog an die Politik, wie gemeinsam Lösungen und Wege aus der dramatischen Lage entwickelt werden können. Ulrich Pohl ist mit seinem Partyservice „Pohl ...
vö Siegen/Bad Berleburg. Zunächst war von rund 3000 Teilnehmern die Rede, am Samstag stand die Zahl schon bei 5500 – und bis Montag dürften es noch einige mehr werden: Die Veranstaltungswirtschaft in Deutschland setzt die Alarmstufe Rot. In der Nacht von Montag auf Dienstag werden in einer bundesweiten Aktion in mehr als 250 Städten Veranstaltungsstätten, Treffpunkte sowie öffentliche Gebäude und Bauwerke mit rotem Licht in Szene gesetzt: leuchtende Mahnmale, die sich zu einem gewaltigen Licht-Monument arrangieren. Es geht um ein imposantes Zeichen für eine vom Aussterben bedrohte Branche und einen Appell zum Dialog an die Politik, wie gemeinsam Lösungen und Wege aus der dramatischen Lage entwickelt werden können. Ulrich Pohl ist mit seinem Partyservice „Pohl ... à la Carte“ seit 30 Jahren im Geschäft und kennt Höhen und Tiefen. Eine Situation wie aktuell hat der Sprecher der Veranstaltungswirtschaft in Siegen-Wittgenstein noch nicht mitgemacht. Für das SZ-Foto zum Interview zieht sich der Bad Berleburger seine Berufskleidung als Koch an: „Wann ich die zum letzten Mal getragen habe, weiß ich zugegeben nicht mehr“, sagt der Unternehmer.
Herr Pohl, die Branche stellt in der Nacht von Montag auf Dienstag auf Alarmstufe Rot. Worauf konkret konzentriert sich die Aktion?
• Ich kann letztlich zunächst nur für mein Unternehmen sprechen, aber das geht ja der gesamten Branche so. Ich weiß momentan nicht, wie es weitergehen soll. Ich bewege verschiedene Ideen, aber eine konkrete ist noch nicht dabei. Fakt ist, dass das Jahr bisher ein Totalausfall war.
In der Ankündigung für die „Night of Light 2020“ wird auch darauf hingewiesen, dass der Branche eine Perspektive nach dem Lockdown fehlt. Ist das das eigentliche Problem?
• Ich gehe davon aus, dass unsere Branche zuerst in ihrer Gesamtheit betroffen war und auch am längsten mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu tun haben wird. Wenn man ganz genau hinschaut, sollte man auch bedenken, dass der Lockdown im März erfolgt ist. Davor waren die Monate Januar und Februar, die bei uns nicht gerade als umsatzstark gelten. Wer heiratet schon im Januar oder richtet eine Betriebsfeier im Februar aus?
Das Jahr 2020 ist ein Jahr der Stornierungen und deshalb der angesprochene Totalausfall?
• Da gibt es nichts schön zu reden. Am 6. Juni zum Beispiel waren wir für eine Betriebsfeier mit 500 Gästen gebucht, der Veranstaltungswert lag bei rund 70 000 Euro – abgesagt. Hochzeiten werden, sofern sie denn überhaupt stattfinden, nicht mit 200 Gästen, sondern im kleinen Kreis mit 25 Personen gefeiert. Dafür braucht man in der Regel keine Dienstleister. Die Umsatzverluste für mein kleines Unternehmen pendeln sich momentan bei rund 250 000 Euro ein.
Gibt es nichts, was Ihnen Hoffnung macht?
• Mit der Hoffnung ist das so eine Sache. Im September hatte ich den Auftrag für eine große Veranstaltung eines IT-Unternehmens. Die Firma hat dazu Gäste und Geschäftspartner aus ganz Europa eingeladen. Mit der neuen Verordnung, die bis Ende Oktober Veranstaltungen in dieser Größenordnung ausschließt, ist das hinfällig – also auch abgesagt.
Hand aufs Herz, woher nehmen Sie im Moment überhaupt die Motivation, dass es weitergeht?
• Mich motivieren die nicht wenigen Anfragen für das Jahr 2021. Da sind tolle Veranstaltungen dabei – sofern sie denn stattfinden dürfen. Und so ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass im Oktober etwas geht. Aber das muss man abwarten, speziell vor dem Hintergrund, wenn man sich anschaut, was gerade im Kreis Gütersloh passiert. Das Thema Corona ist allgegenwärtig – wir bekommen den Kopf nicht frei.
Was ist mit Ihren Mitarbeitern?
• In meinem Geschäft ist es so, dass Mitarbeiter häufig an den Wochenenden dazu kommen. Ich arbeite viel mit Ergänzungskräften, die aber schon viele Jahre dabei sind. So bitter das ist: Die Kollegen sind momentan zu Hause. Ein Mitarbeiter ist glücklicherweise in der Industrie fündig geworden. Jeder kann sich ausrechnen, was mit den 9000 Euro zu bewerkstelligen ist, die ich als Soforthilfe bekommen habe.
Gab es seit Corona überhaupt eine Veranstaltung, die Sie bestücken durften?
• Ja, das war eine Beerdigung mit 20 Personen. Man hat sich an mich erinnert, als es um andere Veranstaltungen in anderen Größenordnungen ging.
Blicken wir auf die Aktion in der Nacht von Montag auf Dienstag. Was erhoffen Sie sich von den rot illuminierten Gebäuden auch in unserer Region?
• Das ist zumindest ein ganzes deutliches Signal, ein Weckruf. Eine Aktion in dieser Größenordnung hat es noch nicht gegeben. Südwestfalen ist hier ganz stark vertreten. Eines sollte sich jeder vor Augen führen: Wenn die Unternehmen der Veranstaltungsbranche von der Bildfläche verschwinden, und diese Bedrohung ist sehr real, dann geht ein großes Stück Lebensqualität verloren. Unwiderruflich.
Autor:Martin Völkel (Redakteur) aus Bad Berleburg |
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