Powerpaket: Johannes Oerding

- Starker Sänger und prima Entertainer: Johannes Oerding, der bei KulturPur lange „noch nicht nach Hause“ wollte. Foto: Dirk Manderbach
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ba - Brauchbares Single-Material zu checken, sich dem Nachbarn namentlich vorzustellen und auf das Stichwort „Hilchenbach-Lützel“ das ultimative Justin-Bieber-Hysteriekreischen zu übertreffen – das alles war möglich am Sonntagabend im Kleinen Zelttheater auf dem Giller. Und nicht nur das, denn Johannes Oerding und seine Band (Moritz Stahl an der Gitarre, Robin Engelhardt am Bass, Kai Lindner an den Keyboards sowie Simon Gattringer – vertretungsweise für Jost Nickel – an den Drums) boten neben guten Tipps und Kreisch-Animation eine derart begeisternde und energiegeladene Show, dass selbst „Monsieur 100.000 Volt“, Gilbert Bécaud, diesem Power-Paket hätte Tribut zollen müssen.
Auch die vorgerückte Uhrzeit samt der obligatorischen Wartezeit, bis die Philharmonie Südwestfalen die letzte Zugabe gespielt hat, konnten weder das Publikum noch den Wahl-Hamburger Oerding bremsen, der wieder einmal bewies, dass er eine leibhaftige Rampensau ist, die auch den nahen Kontakt zum Publikum nicht scheut. Singend durch die Menge zu tanzen und den unteren Teil des Zeltmasts zu erklimmen, gehören für ihn zu einer gelungenen Show einfach dazu und zeigen, dass er noch hoch hinaus will.
„Nicht genug“ lautete entsprechend der Eröffnungssong von seinem aktuellen Album „Für immer ab jetzt“, mit dem er auch musikalisch klarstellt, dass der Weg auf die Bühne für ihn noch lange nicht zu Ende ist, dass er noch viel mehr will. Das ist für seine klatschenden und mitsingenden Fans sowieso klar, denn neben eingängigen Songs und einer unverwechselbaren Stimme verfügt Johannes Oerding auch über ein mitreißendes Entertainer-Talent, mit dem er über die Bühne wirbelnd, die Gitarre im Arm, das Publikum im Zelt zum Singen animiert.
Doch Johannes Oerding kann auch leise Töne anschlagen, mit „Nichts geht mehr“ eine wohl verspielte Liebe bedauern und mit seinem Song „Magneten“ die manchmal unerklärliche Anziehungskraft zwischen Mann und Frau besingen. Die Ideen für seine Musik scheint er aus dem Leben zu nehmen, so animiert ihn ein Missgeschick im Urlaub zu einem Ausflug ins Reggae-Genre, und mit der Feststellung, dass man gewisse Dinge auch „Morgen“ erledigen kann, scheint er dem textsicheren Publikum aus dem Herzen zu sprechen.
Der Verriss eines Musikredakteurs, der das seiner Meinung nach „beste Konzert“ in seiner Kritik zum „schlimmsten Konzert der Welt“ machte, ist ihm immerhin eine Strophe im Song „Traurig, aber wahr“ wert. Traurig, aber wahr, war auch die Tatsache, dass dieses mitreißende Konzert kurz vor Mitternacht zu Ende ging. Mit „Hallelujah“ von Leonard Cohen und „Engel“ wurde es noch einmal himmlisch schön, bevor das begeisterte Publikum in die laue Nacht entlassen wurde. Da half es auch nicht, dass Multi-Talent Johannes Oerding „Ich will noch nicht nach Hause“ sang und die Zuschauer weitere Zugaben forderten, denn irgendwann ist auch das schönste Konzert auf dem Giller einmal vorbei.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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