Rüde Rotlicht-Randgebiete
Schöffengericht stellte fast fünf Jahre altes Verfahren ein
pebe Siegen. Dunkle Schemen in rotem Schummerlicht: Was sich vor fünf Jahren wirklich zugetragen hat, wird wohl für immer das verborgene Wissen derer bleiben, die möglicherweise daran beteiligt waren. Denn gestern schloss auch das Siegener Schöffengericht die Akten in einem undurchsichtigen Fall. »Ewig und drei Tage her«, seufzte Richter Klaus-Henner Kühr: Ins Zeitlose gerückt war also die Anklage wegen versuchter räuberischer Erpressung gegen zwei 32 Jahre alte Brüder und deren 46 Jahre alten Bekannten. Die drei sollen, so führte Staatsanwältin Annelisa Hammerstein aus, im Oktober 1998 die Betreiberin einer Terminwohnung zunächst anonym massiv bedroht haben. Anschließend hätten sie der Frau gesagt, gegen entsprechende Zahlungen Mordpläne stoppen zu können. Zwar sei es nicht zur Zahlung gekommen, aber im »Umfeld« des Geschehens seien 1000 DM übergeben worden.
»Ewig und drei Tage her« – das war dem Tenor nach auch der Seufzer eine Zeugin, die seinerzeit bei der Geschäftsfrau im »liegenden Gewerbe« und deren Mitarbeiterinnen geputzt hatte. Die drei Angeklagten hatten zuvor auf eine Aussage vor Gericht verzichtet. »Ich habe erst nach einem Jahr begriffen, wo ich da arbeite«, erinnerte sich die 48-jährige Zeugin. Nach etwa einem Jahr sei die Terminwohnung von der anschließend bedrohten Geschäftsfrau übernommen worden. Und die habe relativ schnell »unter Druck« gestanden. Später sei ihre Wohnung in Brand gesteckt worden.
Kühr las aus ihrer Aussage bei der Polizei vor: Da war von Drohanrufen – »Wir machen dich kalt!« – auf dem Freiertelefon die Rede, von Beschimpfungen. Damals habe der Verdacht bestanden, die vorige Betreiberin stecke dahinter. Einer der beiden angeklagten Zwillingsbrüder sei mal als Kunde in der Wohnung gewesen. Und in einem Café habe die Chefin mal auf ihn gezeigt und sei »nicht begeistert« gewesen. Aber bedroht habe der Mann sie nicht, meinte die Zeugin auf Nachfrage des Richters.
Die Belastungszeugin selbst zog es vor, nicht zu erscheinen. Das hatte für sie eine finanzielle Belastung zur Folge, denn der Richter verhängte ein Ordnungsgeld von 300 e. »Alle anderen Zeugen sind Randgeschehen«, überlegte er dann. Und bat die Staatsanwältin sowie die drei Verteidiger ins Beratungszimmer. Ein gemeinsamer Rückzug vom Prozess aber bedeutet meist das, was anschließend auch verkündet wurde: die Einstellung des Verfahrens – nicht ohne den Hinweis des Richters, dass statt der angeklagten Taten auch eine Verurteilung wegen versuchter Nötigung, Bedrohung oder Betrugs in Frage komme. Es gebe zwar Hinweise auf eine Tatbeteiligung der drei, aber die reichten für eine sichere Verurteilung nicht aus. Außerdem sei viel Zeit verstrichen, und die Brüder hätten wegen dieser Vorwürfe schon in U-Haft gesessen.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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