Durch Corona-Pandemie Einnahmen nahezu komplett weggebrochen
Zirkus "Rondel" vor dem Aus

- Ob nun Feuerschlucker, Dompteure oder Akrobaten: Das „Rondel“-Team versteht es immer wieder und überall das Optimum aus den Kindern herauszuholen.
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thor Siegen-Wittgenstein/Olpe/Betzdorf. Die Stimme ist leise, fast brüchig. Rene Ortmann ringt am Telefon um Fassung – und geht dabei nicht permanent als Sieger hervor. „Ich muss jetzt zum ersten Mal von Haus zu Haus gehen, das war nie unsere Art. Denn wir waren nie ein Bettelzirkus.“ In dramatischen Worten schildert der Chef des Zirkus „Rondel“ die derzeitige Situation. Seit März vergangenen Jahres sind die Einnahmen nahezu komplett weggebrochen, die monatlichen Fixkosten aber geblieben. „Wir stehen vor dem Aus. Aber ich will meinen Zirkus nicht verlieren“, sagt Ortmann.
Nun ist die Lage für die gesamte Branche prekär, doch „Rondel“ ist nicht irgendein Zirkus. Die Truppe um die Familie Ortmann sorgt seit vielen Jahren für glückliche Kinderaugen.
thor Siegen-Wittgenstein/Olpe/Betzdorf. Die Stimme ist leise, fast brüchig. Rene Ortmann ringt am Telefon um Fassung – und geht dabei nicht permanent als Sieger hervor. „Ich muss jetzt zum ersten Mal von Haus zu Haus gehen, das war nie unsere Art. Denn wir waren nie ein Bettelzirkus.“ In dramatischen Worten schildert der Chef des Zirkus „Rondel“ die derzeitige Situation. Seit März vergangenen Jahres sind die Einnahmen nahezu komplett weggebrochen, die monatlichen Fixkosten aber geblieben. „Wir stehen vor dem Aus. Aber ich will meinen Zirkus nicht verlieren“, sagt Ortmann.
Nun ist die Lage für die gesamte Branche prekär, doch „Rondel“ ist nicht irgendein Zirkus. Die Truppe um die Familie Ortmann sorgt seit vielen Jahren für glückliche Kinderaugen. Das ganze Jahr über tourt man durch die Republik und bietet in Grundschulen ein Mitmach-Programm an. Das beginnt beim gemeinsamen Aufbau des Zeltes (meist mit den Papas) und endet mit den großen Aufführungen, wo von den Geschwistern bis zu den Großeltern alle mit dabei sind. Und gerade in der heimischen Region, von Betzdorf bis nach Berghausen, waren die beliebten Artisten Dauergäste. Unter dem Stichwort „Rondel“ finden sich im Textarchiv der SZ sage und schreibe 223 Einträge.
Im März letzte Vorstellung
Ob weitere hinzukommen, ist mehr als ungewiss. Im März 2020 hat der Zirkus seine letzte richtige Vorstellung gegeben, in Kreuztal. Normalerweise wäre man das ganze Jahr über und darüber hinaus ausgebucht gewesen. Wie immer. In dieser Woche hätte Alchen auf dem Tournee-Plan gestanden. Zuletzt war das große Zelt einmalig im Oktober in Köln aufgebaut worden, wo ein Notprogramm mit nur wenigen Zuschauern durchgezogen wurde: „Die wollten uns dort unbedingt haben.“

- Ob nun Feuerschlucker, Dompteure oder Akrobaten: Das „Rondel“-Team versteht es immer wieder und überall das Optimum aus den Kindern herauszuholen.
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Nach Angaben von Ortmann leben 19 Personen von dem Geschäft. Die Familienmitglieder seien bei Verwandten in ganz Deutschland untergekommen, die Tiere bei einem Reitverein in Wuppertal. „Wir haben dennoch monatliche Kosten in Höhe von 30 000 Euro.“ Ausgerechnet kurz vor dem ersten Lockdown hatte Ortmann noch in neue Zelte investiert, die im Februar erstmals in Niederfischbach hochgezogen wurden. Staatliche Hilfen hat der Zirkus laut dem Betriebsleiter bislang nicht erhalten, sehe man von einem KfW-Kredit ab. Und selbst wenn jetzt endlich die angekündigten November-Hilfen fließen würden, wäre das nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Ortmann: „Wir haben nun mal keine Lobby, wir sind eben nicht McDonald's.“
Zirkusprojekt pädagogisch sinnhaft
Über die pädagogische Sinnhaftigkeit des Zirkusprojekts gibt es in der gesamten Region keine zwei Meinungen. „Das ist einmaliges Erlebnis, das gerät nie in Vergessenheit“, betont Lars Lamowski, Leiter der Michael-Grundschule in Kirchen. Nicht nur dort ist per Beschluss festgelegt werden, dass sich jedes Kind einmal in seiner Schulzeit als großer Artist fühlen soll.
„Es gibt viele Beispiele von Kindern, die danach aufgeblüht sind“, berichtet Lamowski. Das gelte speziell für die, die sonst im Unterricht Schwierigkeiten hätten. Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein würden enorm gesteigert, die gesamte Schulgemeinschaft profitiere davon. Er wolle gar nicht daran denken, wenn das verloren gehe, so Lamowski.
Fördervereine unterstützen Schulen
Annette Böhmer, Konrektorin der Grundschule Drolshagen, kann nur zustimmen: „Die Kinder wachsen bei diesem Projekt über sich hinaus.“ Und es sei nahezu phänomenal, wie die Familie Ortmann den Kindern innerhalb kürzester Zeit spezielle Talente zuordnen könne.

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In vielen Fällen konnten sich die Schulen auf die Unterstützung der Fördervereine verlassen, so auch in Gerlingen. Vorsitzender Kai Scholl ist ein großer „Rondel“-Fan. Er hatte in der Krise die Idee, die Zirkus-Leute als Referenten in die Schule zu holen, ähnlich wie Polizei und Feuerwehr: „Doch da gibt es derzeit ganz viele Fragezeichen.“ Scholl hatte bereits erfolgreich bei Sponsoren vorgefühlt. Für den Fördervereins-Vorsitzenden ist klar, dass hier eine konzertierte Aktion stattfinden muss, um den Zirkus zu retten. Denn: „Die Familie Ortmann entfacht eine große Leidenschaft. Den Stolz der Kinder zu spüren, das ist einfach unglaublich.“
Hilfe formiert sich
In Bad Nauheim, wo der Zirkus seit 17 Jahren im Sommer Ferienspiele anbietet, hat sich schon eine Elterninitiative zur Unterstützung gegründet. Auch in der Region formiert sich langsam die Hilfe. So hat die Grundschule Drolshagen bereits 1500 Euro für den Zirkus gesammelt. Kai Scholl (Gerlingen) schlägt vor, dass sich Fördervereine und Schulen in dieser Sache zusammenschließen, ein Kontakt ist unter kaischoll@web.de möglich.
Das Spendenkonto des Zirkus: Ortmann GbR, Zirkus Rondel, IBAN: DE37 3305 0000 0001 6443 32, Stadtsparkasse Wuppertal.
Autor:Thorsten Stahl (Redakteur) aus Betzdorf |
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