Jonas Schreiber: Urplötzlich im Flieger zur WM
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Steht vor seinem WM-Debüt im Einzel: der Oberfischbacher Jonas Schreiber (oben).
© Quelle: imago
ubau Taschkent. Unverhofft kommt bekanntlich oft: Eigentlich sahen die Planungen von Jonas Schreiber für die vergangenen und die kommenden Tage ganz anders aus, doch dann erreichte ihn vorige Woche ein Anruf von Judo-Bundestrainer Pedro Guedes.
Also packte Schreiber fix seine Siebensachen und machte sich reisefertig. Am vergangenen Freitag hob der Flieger gen Usbekistan ab, wo der Siegerländer an diesem Mittwoch seinen ersten WM-Kampf im Einzel überhaupt bestreiten wird. Schreiber, auch mit einigen Tagen Abstand noch ein wenig verdutzt: „Das kam alles sehr überraschend für mich.“
Jonas Schreiber ersetzt Kumpel Erik Abramov
In der Tat: Mit seiner Nominierung für die WM war nicht zu rechnen. Der Schwergewichtler, der in der Gewichtsklasse über 100 kg kämpft, stand nicht im Aufgebot des Deutschen Judo-Bundes (DJB), und als Nachrücker war er auch nicht vorgesehen. Da sich sein Kumpel Erik Abramov jedoch eine Rückenverletzung zuzog, sah Bundestrainer Guedes plötzlich Handlungsbedarf. Und so geht Schreiber nun als zweiter deutscher Starter im Schwergewicht neben Johannes Frey in der Hauptstadt Usbekistans auf die Matte.
„Es ist eine große Ehre für mich, dass ich Deutschland bei dieser WM im Einzelwettbewerb vertreten darf. Diesen Schritt wollte ich früher oder später gehen, das war mein Ziel. Daher ist es umso schöner, dass es jetzt schon so weit ist“, bekennt Schreiber und schickt hinterher: „Ich betrachte das auch als Vertrauensvorschuss.“
"Ich bin hier der große Underdog"
Und den will der „Bär von Oberfischbach“ natürlich mit einem guten Auftritt auf der großen internationalen Bühne rechtfertigen. Eine zu hohe Erwartungshaltung will sich Schreiber aber nicht auferlegen. „Ich gehe hier als großer Underdog in den Wettkampf. Ich habe keinen Druck. Aber klar ist natürlich auch, dass ich alles in die Waagschale werfen werde, um bestmöglich abzuschneiden. Ich möchte mich für weitere Einsätze bei Grand-Prix- und Grand-Slam-Veranstaltungen empfehlen“, sagt Schreiber, der im vergangenen Jahr mit dem deutschen Mixed-Team bei den Titelkämpfen in Budapest erste Erfahrungen bei einer Weltmeisterschaft sammelte.
Die Einzel-Wettbewerbe haben im Judo aber noch mal einen ganz anderen Stellenwert. „Das ist ein besonderes Feeling hier. Als ich die Burschen mit den roten und goldenen Schildern auf dem Rücken für den amtierenden Weltmeister und amtierenden Olympiasieger gesehen habe, dachte ich schon: Boah, meine Güte“, schildert der in der Judo-Bundesliga für SU Annen kämpfende Schreiber seine ersten Eindrücke von der WM in Taschkent.
Den Respekt vor den großen Namen sollte er freilich schnellstmöglich ablegen. Denn schon in seinem ersten Kampf trifft er auf den Südkoreaner Kim Min-Jong, der 2019 immerhin WM-Bronze gewann. Sollte Schreiber diese (schwere) Aufgabe meistern, wird er danach höchstwahrscheinlich auf den tschechischen Routinier Lukas Krpalek, seines Zeichens Olympiasieger 2016 und Weltmeister 2014, treffen.
Die Trauben hängen also hoch für den Oberfischbacher bei seiner WM-Premiere. Doch vielleicht kommt auch hier unverhofft oft...