Benimmstunde vor Gericht
hobö Olpe. „Was hier läuft, ist sensationell“, echauffierte sich gestern ein 41-jähriger Mann auf der Anklagebank des Olper Amtsgerichts. Dort hatte er Platz nehmen dürfen, weil er sich wegen des Tatvorwurfs der Beleidigung verantworten musste. Er wähnte sich aber als unschuldig, im Gegenteil, er sei das eigentliche Opfer.
Bevor es in die Beweisaufnahme ging, bekam der Angeklagte zunächst von Richter Jochen Schneider einen ebenso kurzen wie prägnanten Hinweis, wie man sich vor Gericht zu verhalten hat. Auf die eingangs erwähnte Bemerkung des Beschuldigten hin, meinte Schneider: „Dann lernen Sie etwas hier, vor allem, dass Sie jetzt auf der Stelle zu schweigen haben. Wir sind hier doch nicht in einer amerikanischen Gerichtsshow.“
Als sich dann noch eine Zuhörerin kurzerhand und unaufgefordert zu Wort meldete, bekam die umgehend eine ebenso kostenlose wie eindringliche Benimmstunde des Richters: „Sie sind ganz ruhig, oder ich verweise Sie sofort des Saales.“
Derlei Aufgeregtheiten waren gar nicht vonnöten, wurde das Verfahren gegen den gebürtigen Olper doch letztlich wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Was hatte eigentlich zur Anklage geführt? Der Beschuldigte war Ende November vergangenen Jahres von einem Olper Taxiunternehmen nach Hause gefahren worden. Als der 41-Jährige gedachte, den Taxifahrer mit einem zerrissenen 20-Euro-Schein zu entlohnen, empfand dieser das gar nicht lustig. Er lehnte die Annahme des Geldes ab, zumal der Angeklagte auch unbeschädigte Geldscheine in der Hand gehalten habe.Die Sympathie zwischen den beiden Kontrahenten wuchs auch nicht, als der Taxi-Fahrer schließlich die Polizei rief, während der Gefahrene kurzerhand beschloss, angesichts der niedrigen Temperaturen nicht draußen auf die Beamten zu warten, sondern lieber in den gewärmten eigenen vier Wänden.Der Angeklagte gab gestern vor, von dem Taxi-Fahrer gar geschlagen worden zu sein, während dieser wiederum von übelsten Beschimpfungen des 41-Jährigen berichtete.Auf die Empfehlung des Richters hin wurde der Angeklagte schließlich von Vernunft ergriffen, entschuldigte sich „in aller Form für die Umstände, die ich dem Taxiunternehmen in dieser Nacht bereitet habe“ und durfte daraufhin aufgrund der Verfahrenseinstellung als unbescholtener Bürger das Amtsgericht verlassen.Der 23-jährige Taxifahrer bekam abschließend noch einen markanten Hinweis von Jochen Schneider, doch künftig auch einen zerrissenen Geldschein anzunehmen, und vor allem Versuche zu unterlassen, Fahrgäste gegen deren Willen im Auto festzuhalten.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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