Bedeutend für Wilnsdorfer Silhouette
Turm der Kirche St. Martinus blieb nach Abriss des alten Kirchenschiffs erhalten
blum Wilnsdorf. Die Silhouette der Gemeinde Wilnsdorf wird entscheidend geprägte von den beiden Türmen der katholischen und evangelischen Kirchen. Besonders markant fällt der Turm der katholischen Kirche St. Martinus ins Auge. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil dieser seit dem Abriss des alten Kirchenschiffs gleich einem Kampanile als freistehender Glockenturm fungiert.
Fast 100 Jahre nach seiner Erbauung wurde er im April 1990 zusammen mit einem Teil der Stützmauer in die Denkmalliste der Gemeinde Wilnsdorf eingetragen. Der Kirchturm von 1891, so die Begründung, erinnere an eine bedeutsame Epoche des kirchlichen Lebens in Wilnsdorf. Im architektonischen Aufbau zeige er die typischen Merkmale der Neuromantik. Städtebaulich schließe er als unverzichtbare Dominante den erweiterten Platzraum der alten Dorfmitte an der Straßengabel Dillenburger Straße/Mainzer Straße/Hagener Straße beherrschend ab. Insbesondere aber präge er zusammen mit dem Turm der evangelischen Kirche, beide in sichtbarem Bruchsteinmauerwerk und ähnlichen Proportionen ein wohltuender Gleichklang, in entscheidendem Maße die Silhouette des Ortes Wilnsdorf.
Im Jahre 1972 wurde die neue katholische Kirche St. Martinus Wilnsdorf geweiht. Die Kirchengemeinde hatte sich zu einem Neubau entschieden, weil die 1891 geweihte Kirche einerseits größere Bauschäden aufwies, insbesondere aber für die gewachsene Kirchengemeinde zu klein geworden war. Von der gemeindegeschichtlich bedeutsamen Kirche blieb der Turm erhalten, weiterhin Glockenträger und städtebauliche Dominante im Ortsbild von Wilnsdorf.
Die tiefgreifenden Wirren, ausgelöst durch Reformation und Gegenreformation, haben, wie Franz Dango in seinem Buch »Geschichte des Kirchspiels Wilnsdorf« berichtet, gerade in Wilnsdorf nachhaltige Spuren im kirchlichen Leben hinterlassen. Ende 1651 kam es zu einer Neuordnung, die besagte, dass die beiden evangelischen Kirchspiele Rödgen und Wilnsdorf zu einer Doppelpfarre »Rödgen-Wilnsdorf«, mit Sitz des Pfarrers in Rödgen, und die beiden katholischen Pfarreien Wilnsdorf und Rödgen zur Doppelpfarre »Wilnsdorf-Rödgen«, mit Sitz des Pfarrers in Wilnsdorf vereinigt wurden. Beide Kirchen in Rödgen und Wilnsdorf wurden simultan genutzt.
Das führte aber im Laufe der Zeit auch zu mancherlei Unfrieden, was 1852 letztlich zur Aufhebung des Simultaneums führte. Die Wilnsdorfer Kirche wurde Eigentum der evangelischen Kirchengemeinde, die katholische Gemeinde erhielt das ehemalige Zollhaus am Fuße der Kalteiche für die Einrichtung eines Gottesdienstraums und der katholischen Schule. Der dort eingerichtete Kirchenraum wurde von Anfang an als Notkirche empfunden. Der Bau einer eigenen neuen Kirche stieß aber immer auf Schwierigkeiten, insbesondere zuletzt durch den Kulturkampf ab 1873. Auch danach hielt die preußische Staatsverwaltung die projektierte Kirche für zu groß und aufwendig. Schließlich setzte sich die katholische Kirchengemeinde aber durch. 1889 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt und zwei Jahre später wurden Kirche und Altar dem heiligen Martinus geweiht.
Die Kirche wurde nach den Plänen des Diözesanarchitekten Güldenpfennig in Paderborn in neuromantischem Stil als dreischiffige Hallenkirche erbaut. Der Kirchturm zeigt die typischen Stilmerkmale dieser Epoche. Das Mauerwerk ist in sichtbarem heimischen Bruchstein ausgeführt, die Fensterwände, Simse und sonstige Gliederungen in bearbeitetem Sandstein abgesetzt. Das oberste fein gegliederte Turmgeschoss wurde nach dem Abbruch des Kirchenschiffs zunächst in die Verschieferung des Turmhelms mit einbezogen, bei einer späteren Renovierung aber wieder frei gelegt.
Die Bronzeglocken des ersten Geläuts fielen den beiden Weltkriegen zum Opfer. Seit 1951 erklingen drei neue Gussstahlglocken, die so gestimmt sind, dass sie zusammen mit den Glocken der evangelischen Kirche aus dem Kirchenlied »Christ ist erstanden« die Zeile »Christ will unser Trost sein« ergeben. Ein Zeichen für ein neu gefundenes Verhältnis zu den evangelischen Glaubensbrüdern und -schwestern.
Autor:Archiv-Artikel Siegener Zeitung aus Siegen |
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