Deutschland zunehmend in Wohnungsnot – Bündnis fordert Sondervermögen
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Die Bundesregierung will jährlich 400.000 Wohnungen schaffen, 100.000 davon sollen Sozialwohnungen sein.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand
Das Verbändebündnis Soziales Wohnen warnt vor einer drastischen Wohnungsnot in Deutschland. Für 2023 rechnet das Bündnis mit einem Mangel von 700.000 Wohnungen, das sei ein „Rekorddefizit“ seit mehr als 20 Jahren. Hintergrund ist eine am Donnerstag in Berlin vorgestellte Erhebung des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts Arge, die von dem Bündnis in Auftrag gegeben wurde.
Um den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, fordert das Bündnis, zu dem neben dem Deutschen Mieterbund auch die Gewerkschaft IG Bau und Vertreter des Bauwesens gehören, ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro. „Die Situation ist dramatisch“, sagte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Außergewöhnliche Zeiten würden außergewöhnliche Lösungsansätze erfordern. „Wir brauchen dringend ein Wohnungsbauvermögen.“
Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden
Das Bündnis orientiert sich dabei an den Sondervermögen, die die Bundesregierung bereits für die Bundeswehr oder den Klimaschutz ins Leben gerufen hat. In einem ersten Schritt seien 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 – also dem Ende der Legislaturperiode – erforderlich, heißt es. Drei Viertel davon müsse der Bund aufbringen, ein weiteres Viertel die Länder.
Nur so könne es gelingen, die insgesamt 400.000 Sozialwohnungen zu schaffen, die die Ampelkoalition bis zum Ende ihrer Regierungszeit geschaffen haben will. Laut dem Pestel-Institut seien 2022 allerdings nur rund 20.000 solcher Wohnungen entstanden. Bis 2025 würden also noch 380.000 fehlen.
„Neuer Notstand beim Wohnen“
Ziel des Sonderfonds müsse sein, „den zu erwartenden Kollaps auf dem sozialen Wohnungsmarkt abzuwenden“, fordert das Bündnis. Es verweist auf die gestiegene Zuwanderung nach Deutschland. Das in Hannover ansässige Pestel-Institut geht sogar davon aus, dass die Bevölkerung noch erheblich wachsen wird. Gesunkener Wohnungsbau treffe auf Rekordzuwanderung, sagte Institutsleiter Matthias Günther und sprach von einem „neuen Notstand beim Wohnen“.
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Um den Wohnungsbau anzukurbeln, pochen die Verbände zudem auf eine Absenkung der Mehrwertsteuer für den sozialen Wohnungsbau von 19 auf 7 Prozent. Damit mehr Wohnraum geschaffen werden kann, will das Bündnis auch die Geschwindigkeit für Förderanträge sowie für Plan- und Genehmigungsverfahren erhöhen. Dass es da durchaus Unterschiede bei den Ländern geben kann, machte der stellvertretende IG-Bau-Vorsitzende Harald Schaum deutlich. Ein Bundesland steche mit einer „enorm höheren“ Geschwindigkeit hervor: Schleswig-Holstein. Das liege unter anderem an der Digitalisierung. Andere Länder könnten sich daran ein gutes Beispiel nehmen, so Schaum.
Spitzenreiter bei Sozialwohnungen ist Hamburg
Auch was den Bestand der Sozialwohnungen angeht, gibt es unter den Bundesländern größere Unterschiede. Das Pestel-Institut hat herausgearbeitet, wo von 2017 bis 2021 die meisten Sozialwohnungen je 1000 Mieterhaushalte geschaffen wurden. Ganz vorne landet der Stadtstaat Hamburg, gefolgt von Sachsen-Anhalt und Berlin. Schlusslichter sind Sachsen und Niedersachsen, den letzten Platz belegt das Saarland. Günther verweist darauf, dass es unter den Ländern eine „sehr unterschiedliche“ Bereitschaft und Unterstützung bei der Neubauförderung von Sozialwohnungen gegeben habe. „Spitzenreiter und damit Musterland des sozialen Wohnungsbaus ist unbestritten Hamburg.“
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Das Ende des Baubooms: Wo sollen nur 400.000 neue Wohnungen herkommen?
Der Bau rutscht in die Krise: Inflation, fehlende Baustoffe und Zinswende machen der Branche zu schaffen. Immer mehr Fachleute warnen vor einem Absturz. Schon in ihrem ersten Amtsjahr steckt die neue Bauministerin Klara Geywitz in ihrer größten Bewährungsprobe.
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kommentierte am Donnerstag, dass die Studie rund um die 700.000 fehlenden Wohnungen eine „letzte Warnung an die Politik“, sein müsse, endlich zu handeln und der Wohnungswirtschaft Vertrauen in neue Investitionen zu geben“, so Geschäftsführer Tim-Oliver Müller. Nur mit einem Mehr an Wohnungen lasse sich die spannungsgeladene Lage auf dem Mietmarkt lösen. Dazu brauche es schnellstmöglich eine verlässliche Förderkulisse.