Was geschieht mit Beschäftigten, die ihren Job verlieren?

Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof: „Die Kompetenz der Beschäftigten ist Gold wert“

Menschen laufen vor dem Warenhaus Galeria Karstadt Kaufhof in der Innenstadt.

Die Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof tragen vielerorts in der Innenstadt zur Belebung bei.

Frankfurt am Main. Stefanie Nutzenberger, Jahrgang 1963, gehört seit 2011 zum Bundesvorstand der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie ist dort für den Handel zuständig. Nutzenberger weiß, worum es geht, wenn sie über den insolventen Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) spricht. Anfang der 1980er-Jahre hat sie bei Karstadt in Kaiserslautern eine Lehre als Einzelhandelskauffrau gemacht. Von 1983 bis 1997 hat sie dort als Verkäuferin gearbeitet. Für die Sanierung von GKK fordert sie vor allem, dass die Manager das Wissen und die Erfahrung der Belegschaft nutzen.

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Es kursieren viele Spekulationen über Warenhausschließungen. Muss wirklich ein Drittel aller 131 Standorte geschlossen werden, wie es Konzernchef Miguel Müllenbach bereits angekündigt hat?

Im Moment wird viel spekuliert. Wir beteiligen uns nicht daran. Für uns ist entscheidend: Wir kämpfen um jeden einzelnen Arbeitsplatz. Denn es ist doch so, bei jeder Schließung kapituliert das Management erneut vor seiner Aufgabe.

Was geschieht mit den Beschäftigten, die ihren Job verlieren werden?

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Viele Menschen bei Galeria gehören dem Unternehmen zum Teil seit Jahrzehnten an. Sie sind qualifiziert und haben eine hohe Sozialkompetenz. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind von Region zu Region unterschiedlich. Wir reden hier mehrheitlich über Frauen, die häufig in Teilzeit arbeiten und wegen Familie und Kindern oft ortsgebunden sind. Besonders für sie ist das Risiko, wenn sie den Arbeitsplatz bei Galeria verlieren und keinen adäquaten Ersatz kriegen, hoch. Nicht zuletzt, weil sie von Altersarmut bedroht sind. Denn nicht selten treffen wir in den Regionen auf prekäre Arbeitsbedingungen in Einzelhandelsunternehmen, Tarifverträge sind da eher die Ausnahme. Klar ist aber, Existenzsicherung geht nur mit Tarifverträgen. Das gilt im Übrigen auch für Galeria.

Was sind aus Ihrer Sicht die Lehren aus vielen Schieflagen für die nun anstehenden Sanierungen des sogenannten harten Kerns des Konzerns?

Die bestehenden Standorte wurden doch als Kern eines Überlebenskonzeptes bereits herausgearbeitet. Das Problem ist doch: Entweder wurden die Empfehlungen aus der letzten Restrukturierung nicht umgesetzt oder es wurde zu kurz gesprungen. Alles auf die unvorhergesehene Pandemie zu schieben, passt nicht. Denn die Corona-Pandemie mit Lockdown war da auch bereits sichtbar. Es ist für die notwendige Umsteuerung auch eine schnelle und adäquate Reaktion auf Krisen durch das Management erforderlich.

War dies der Hauptfehler des Managements?

Kauf- und Warenhäuser haben Zukunft, allerdings sind Investitionen in die Standorte notwendig, der Ausbau der Digitalisierung in den Häusern ebenso wie der Ausbau von Dienstleistungen. Und die Gestaltung der Zukunft geht nur mit dem Wissen der Beschäftigten. Das Management hat in unseren Augen wichtige Erkenntnisse aus einer breit angelegten Zukunftsbefragung, an der sich mehr als 5000 Beschäftigte beteiligt haben, einfach brachliegen lassen.

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Darin wird zum Beispiel darauf hingewiesen, dass besonders die regionalen Gegebenheiten viel stärker beachtet und die Spielräume der lokalen Verantwortlichen erweitert werden müssen. So wird auch nicht an jedem Standort die gleiche Menge an Ware benötigt. Bedarfsorientierte Belieferung ist sehr wichtig, um gut aufgestelltes Warenangebot sicherzustellen, aber auch das Warenhaus nicht zu überfrachten, um auch einzelne Kundenwünsche entsprechend bedienen zu können. Die Zukunft von Galeria hat aber auch städtebauliche Konsequenzen.

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Sie spielen auf die Funktion als Kundenmagnet an?

Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen auch mit Politik und Verwaltungen vor Ort sprechen und sich austauschen. Es hängt viel davon ab, ob die Innenstädte durch Häusersterben verwahrlosen oder ob sie Marktplätze für Ideen und Austausch bleiben.

Fühlen Sie sich als Arbeitnehmervertreterin ausreichend informiert über die Lage des Unternehmens?

Die Beschäftigten sind verunsichert, aber auch wütend. Über die Medien werden die unterschiedlichsten Informationen verbreitet. Die Glaubwürdigkeit in das Management wurde über Jahre verspielt und bisher ist keine Veränderung festzustellen.

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Wie müssen künftig Sortimentsstrategien aussehen? Kann GKK im enorm wichtigen Modesektor überhaupt noch mithalten?

Die Kauf- und Warenhäuser haben eine Zukunft, das heißt: Die Filialen sind zukunftsfähig, wenn entsprechende Investitionen fließen. Ein tragfähiges Zukunftskonzept hängt ganz wesentlich vom Ausbau der Digitalisierung und vom Zusammenspiel von stationären und digitalen Dienstleistungen ab. Hier könnte das Warenhaus Galeria, das bundesweit Standorte in besten Lagen besitzt, sein Alleinstellungsmerkmal nutzen. Die entscheidende Stellschraube ist das Wissen und die Kompetenz der Beschäftigten. Sie sind Gold wert. Ein digital-stationäres Warenhaus mit Service und Beratung ist eine ernsthafte Konkurrenz zum reinen Onlinehandel.

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