Schiff sank in nur 15 Minuten

Nach schwerer Kollision mit einem Wal: Wie moderne Technik einer Seglercrew das Leben rettete

Den Blas und die Rückenfinne offenbar eines Finnwals sichtete am Sonntagmorgen ein Vogelbeobachter vor Lindhöft an der südlichen Eckernförder Bucht.

Immer wieder kommt es auf dem offenen Meer zu Kollisionen zwischen Walen und Schiffen (Symbolbild).

Mitte März hielt Rick Rodriguez gerade Wache auf seinem Boot, der „Raindancer“. Der Rest der vierköpfigen Crew aß gegen 13:30 Uhr zu Mittag. Vegetarische Pizza stand auf dem Menüplan. Der Wind war günstig, das Boot segelte mit etwa sechs Knoten. Nichts deutete darauf hin, dass es wenige Minuten später zu einer Tragödie kommen sollte. Doch urplötzlich gab es einen lauten Knall, wie Rodriguez der US-amerikanischen Zeitung „Washington Post“ berichtete. Das Boot war mit einem Wal zusammengestoßen.

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„Die hintere Hälfte des Bootes hob sich heftig nach oben und neigte sich nach Steuerbord“, erinnerte sich der Segler. Ein Crew-Mitglied, Alana Litz, war die erste, die den Wal entdeckte. Er sei so lang wie das Boot gewesen, beschrieb sie den Meeressäuger später. Auch Rodriguez erhaschte noch einen Blick. Er sah, wie das Tier am oberen Drittel des Körpers blutete, als es nach dem Zusammenstoß wieder in die Tiefen des Ozeans abtauchte. Wenige Sekunden später schon ging der Alarm los, der anzeigte, dass das Boot Leck geschlagen hatte und begann, sich mit Wasser zu füllen.

Zum Zeitpunkt des Unglücks Mitte März war Rodriguez mit drei weiteren Seglern auf der Überfahrt von den Galápagos-Inseln nach Französisch-Polynesien gewesen. Drei Wochen sollten sie insgesamt unterwegs sein, doch die Kollision setzte der Überfahrt nach nur 13 Tagen ein Ende.

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Boot sank innerhalb einer Viertelstunde

Letztendlich blieben der Crew gerade mal 15 Minuten, bis das Boot sich vollständig mit Wasser gefüllt hatte und sank. Innerhalb weniger Minuten mussten die vier Segler die aufblasbare Rettungsinsel und ein Beiboot zu Wasser lassen. Sie packten Lebensmittel, Wasser und vor allem die Technologie, die ihnen mitten im Pazifik – Tausende Kilometer entfernt von der nächsten von Menschen besiedelten Insel – das Leben retten könnte. Auch ein Gerät zum Auffangen von Regen und eine Angelrute schafften die Vier in letzter Sekunde noch in die Rettungsboote.

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Grundsätzlich sind Kollisionen mit Walen selten – doch sie kommen immer wieder vor. Seit der Einführung einer weltweiten Datenbank im Jahr 2007 gab es etwa 1200 Berichte über Zusammenstöße zwischen Walen und Booten, wie Kate Wilson, eine Sprecherin der International Whaling Commission, der „Washington Post“ sagte. Die letzte größere Rettungsaktion nach einem Unfall mit einem Wal war der Untergang eines 40-Fuß-Bootes im Jahr 2009 vor der Küste Mexikos. In diesem Fall wurde die Besatzung von einem Hubschrauber der Küstenwache gerettet. Auch der historische Vorfall, der Herman Melville einst zu „Moby-Dick“ inspirierte, spielte sich im Pazifik ab. Das Schiff „Essex“ war ebenfalls auf dem Weg von den Galápagos-Inseln nach Westen, als es 1820 von einem Pottwal gerammt wurde. Der Kapitän und einige Besatzungsmitglieder mussten rund drei Monate ausharren und letztendlich auf Kannibalismus zurückgreifen, bevor sie gerettet wurden.

Dank Technologie alles „gut unter Kontrolle“

Derartige Sorgen machte die Crew sich dank der modernen Technologie an Bord nicht. „Es gab nie wirklich große Angst, dass wir in Lebensgefahr sind“, sagte Rodriguez dem US-Medium. „Alles war so gut unter Kontrolle, wie es für ein sinkendes Boot nur sein konnte.“ Rodriguez machte einen Mayday-Anruf über das UKW-Funkgerät und löste das Emergency Position Indicating Radio Beacon (EPIRB) aus. Das Notsignal wurde von Beamten in Peru empfangen, die den Distrikt 11 der US-Küstenwache in Alameda, Kalifornien, alarmierten, der für US-Schiffe im Pazifik zuständig ist.

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Rodriguez gelang es außerdem, eine Nachricht an einen befreundeten Segler abzusetzen und ihn um Hilfe zu bitten. Doch die Batterieleistung seines Iridium Go, eines Satelliten-Wi-Fi-Hotspot, war nicht optimal. Laut der „Washington Post“ war es zum Zeitpunkt des Unglücks auf nur 32 Prozent aufgeladen. Auch das Telefon, das damit gekoppelt ist, hatte nur noch 40 Prozent Akkuleistung und die einer externen Powerbank lag bei 25 Prozent.

Rettung innerhalb von Stunden

Doch die Kommunikation reichte aus – Rodriguez konnte detaillierte Informationen über ihren Standort übermitteln und zudem einen Globalstar Spot-Tracker aktivieren, der alle paar Minuten die Position der Rettungsinsel übermittelte. Über sein UKW-Funkgerät sendete er zudem stündlich einen Mayday-Ruf. Bei so viel moderner Technik ging die Rettung dann trotz der Weite des Pazifiks schneller als gedacht. Ein wenig Glück spielte aber auch noch mit: Denn die „Raindancer“ war zufällig auf der gleichen Route wie etwa zwei Dutzend Boote, die an einer Segelrallye um die Welt teilnahmen. Auch ein Handelsschiff befand sich nur 90 Meilen südlich der Gekenterten und änderte seinen Kurs. Letztendlich waren gleich mehrere Boote unterwegs zu der Unglückscrew.

Trotzdem rechneten alle damit, dass es rund einen Tag bis zur eigentlichen Rettung dauern würde. Tatsächlich waren es dann aber weniger als zehn Stunden. Gerettet wurde die Crew letztendlich von einem anderen Segelboot aus den USA, dessen Skipper überrascht war, wie schnell er das Rettungsfloß fand. Doch die Unglückscrew hatte die Lichter seines Bootes bereits aus mehreren Meilen Entfernung entdeckt, über das UKW-Funkgerät Kontakt hergestellt und eine Signalrakete abgeschossen. Zusätzlich dazu aktivierte Rodriguez noch einen Beacon, ein kleines elektronisches Gerät, das sowohl die GPS-Position als auch AIS, das sogenannte Automatische Identifikationssystem, übermittelt und damit Position, Kurs und Geschwindigkeit austauscht. Neben der schnellen Rettung ermöglichte die moderne Technologie auch das Interview mit der „Washington Post“. Dieses führte Rodriguez dank Satellitentelefon bereits an Bord des Bootes, das ihn und seine Crew rettete.

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